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Residenza Hortus

Stilvoll inmitten sizilianischer Barockstädte

Zu Gast in Südost-Sizilien: Ein Gastbeitrag von Ina Hiester

Dass Sizilien so viel mehr ist als Sonne, Strand und Meer, beweisen die Unterkünfte von Luca Giannini im Südosten der italienischen Sehnsuchtsinsel. Inmitten der Barockstädte Modica und Syrakus, die beide zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, hat Luca alten Gemäuern neues Leben eingehaucht und kleine Wohlfühloasen geschaffen, in denen Ökologie, Design und zeitgenössische Kunst Hand in Hand gehen.

Viele Winter habe ich nun schon auf Sizilien verbracht, und doch schafft es die Insel immer wieder aufs Neue, mich zu berühren und zu überraschen. So auch dieses Mal. Als Vollzeit-Seglerin, die mit ihrem Boot meist in gebührendem Abstand zum Festland an den Küsten vor Anker geht, hätte der Kontrast zu Lucas drei wunderschönen Unterkünften kaum größer sein können – denn sie alle befinden sich direkt im Herzen malerischer sizilianischer Städte. Mein ausgeprägtes Bedürfnis nach Ruhe statt Stadtlärm, nach Gelassenheit statt Hektik, nach echtem Wohlfühlen statt hypermodernem Schick wurde jedoch an allen Orten rundum befriedigt. Und so fühlte sich meine kleine Boots-Flucht viel mehr nach Oasen-Hopping als nach Städtetrip an.

Saint Giorgio in Modica

Einkehr in die Residenza Hortus

Lorenzo empfängt mich zur vereinbarten Zeit vor den Toren der hoch aufragenden Kathedrale San Giorgio in Modica, wo er mir sogar einen Parkplatz freigehalten hat. Gleich links neben der Kathedrale führt er mich auf einem kleinen Sträßchen steil bergan und nur wenige Augenblicke später stehen wir vor alten Mauern, in die eine große Eisentür eingelassen ist. „Willkommen in der Residenza Hortus“, sagt er mit einem kleinen und doch irgendwie wissenden Lächeln auf den Lippen, öffnet das Tor und gibt mir einige Sekunden Zeit, um den so kostbaren, allerersten Eindruck dieses Kleinods aufzunehmen. Schwer vorstellbar, dass er jemals etwas anderes als den Ausdruck des zufriedenen Angekommen-Seins auf den Gesichtern der Gäste geerntet hat.

Wunderbar geborgen liegt hier eine geheime Oase mit drei En-Suite-Schlafzimmern, einem großzügigen Wohn-Essbereich, einem Weinkeller sowie einer Terrasse mit Garten. Sonnenlicht blinzelt durch die Bäume, die im Sommer wunderbar kühlenden Schatten spenden werden. Luca, der diesem Ort mit größtmöglichem Respekt und umweltfreundlichen Materialien aus der Region wieder zu neuem Leben erweckt hat, erzählt mir später:

„Als ich das über 400 Jahre alte Gebäude entdeckte, war es nicht viel mehr als eine Ruine. Beim Öffnen der rostigen Eisentür spürte ich jedoch eine sofortige Verbundenheit, als hätte der Ort schon lange auf mich gewartet. Die Steinüberreste waren von Pflanzen überwuchert, der geheimnisvoll anmutende Garten (lateinisch: Hortus) eine Art spontane Zusammenkunft von Granatapfel-, Mandarinen- und Orangenbäumen. Der Garten hat etwas sehr Meditatives und wurde rasch zum Namensgeber des Ortes: Residenza Hortus.“

Eingang der Residenza Hortus
Der Garten

Die vier Elemente in der Residenza Hortus

In der Residenza Hortus herrscht ein harmonisches Gleichgewicht der vier Elemente. Der Garten symbolisiert die Erde; nächtigen werde ich in dem Zimmer, welches dem Element Feuer gewidmet ist. Hierauf verweisen verspielte Flammen-Gravuren in den Steinelementen und ein Kamin. Auch den anderen beiden Suiten kann ich ihre jeweiligen Elemente eindeutig zuordnen: im Wasser-Zimmer befindet sich gleich hinter dem runden Bett eine großzügige Badewanne. Das über eine eiserne Wendeltreppe zu erreichende Luft-Zimmer im Obergeschoss führt auf die herrliche Terrasse mit direktem Blick auf die Kathedrale und den Garten hinaus.

Der Einrichtungsstil ist minimalistisch-geschmackvoll, und Lucas zeitgenössische Gemälde verleihen dem Ort die ganz persönliche Handschrift eines Menschen, der einst in einer Ruine ein Paradies erahnte. „Als Künstler habe ich versucht, eine Art Abdruck zu hinterlassen, der diesen Ort einzigartig macht und gleichzeitig sein Wesen erhält. Einen Ort wiederzubeleben bedeutet, ihm zuzuhören, denn sein „Genius Loci“ (das ist der Schutzgeist eines Ortes) hat eine sehr zarte Stimme. Man muss den richtigen Zeitpunkt finden, um sie zu hören“, so Luca.

Ein idealer Ort, um einen tollen Urlaub mit den Liebsten zu verbringen

Das Wohnzimmer der Residenza Hortus lädt zum gemütlichen Herumlungern und Musikhören ein, und beim Anblick der Küche wünschte ich, ich wäre gleich mit einer ganzen Ladung Freunde angereist, mit denen ich mich zum gemeinsamen Kochen um die große Kücheninsel scharen könnte. Zugleich genieße ich es ungemein, diese alten Mauern nur für mich zu haben.

Einblick in die Küche
Die Wendeltreppe der Residenza Hortus
Eindrücke von der Residenza Hortus
Der Garten ist eine wahre Wohlfühloase

Nach einer erholsamen, traumlosen Nacht öffne ich alle zum Garten zeigenden Türen und Fenster und lade die Frühlingssonnenstrahlen ein, mit mir und einer Tasse dampfendem Kaffee den Tag zu beginnen. Wortwörtlich hängen bleibe ich kurz darauf auf der Terrasse, die sich rasch auf sommerliche Temperaturen aufwärmt und mir das Gefühl gibt, über allem erhaben zu sein. Als es mir hier zu warm wird, suche ich mir ein schattiges Plätzchen unten im Garten und obwohl ich meinen Laptop und jede Menge Arbeit mitgebracht habe schweift mein Blick immer wieder ab und verfängt sich in dem alten Gemäuer.

Hin und wieder erinnern mich die Glocken von San Giorgio daran, dass ich mich in einer Stadt befinde, ansonsten höre ich nur das gelegentliche Bellen eines Hundes in der Nachbarschaft. Die Residenza Hortus, das ist ein privater, stiller Ort zum Ankommen – in Sizilien, und bei sich selbst. Von Modica selbst habe ich noch gar nicht allzu viel gesehen – doch das soll sich in Lucas zweiter Unterkunft, der Casa Kimiyà, ändern.

Eine gelungene Mischung aus Orient und Okzident in der Casa Kimiyà

Aurora holt mich in der Residenza Hortus ab und nur wenige Gehminuten später öffnet sie mir die Türen zur Casa Kimiyà. Der Begriff „Kimiyà“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet Alchemie, und ganz nach dieser Lehre von den Eigenschaften der Stoffe findet sich hier auf zwei Stockwerken eine gelungene Mischung aus alt und neu, shabby und chic, Orient und Okzident.

Schlafzimmer der Casa Kimiyà

Architekt und Künstler Luca erzählt, dass der besondere Charme des Hauses, welches in den frühen 20er Jahren erbaut worden war, in den 60er und 70er Jahren sehr unter den damals als zeitgemäß empfundenen Renovierungsarbeiten gelitten hat. Wie bei der Residenza Hortus galt es auch hier, mit viel Vorstellungskraft das wahre Wesen des Gebäudes wieder zutage zu fördern, ohne es unter zu viel Schnickschnack zu ersticken.

Ein spektakulärer Ausblick auf die Barockstadt Modica

Beim Betreten des Hauses folge ich meinem Instinkt nach Licht und Weite und stehe kurz darauf auf dem an die Küche anschließenden Balkon, von dem aus sich mir ein spektakulärer Ausblick auf die Barockstadt Modica mit ihren vielen Palästen, Kirchen und Steinhäusern eröffnet, die sich verträumt in eine Art riesigen Canyon schmiegt. Luca teilt meine Begeisterung:

„Modica ist wie ein Amphitheater, in dem von Sonnenauf- bis Untergang ein dramatisches Lichtschauspiel unter meist kobaltblauem Himmel aufgeführt wird.“

Es dauert einige Minuten, bis ich mich von dem großartigen Panorama lösen kann, um meinen Blick durch die Wohnung schweifen zu lassen. Und um behutsam mit der Hand über die Bettdecke des an die Küche angrenzenden Schlafzimmers mit den wunderschönen Majolikafliesen zu streichen und all die kleinen Details – sowohl antike Artefakte als auch zeitgenössische Kunstwerke – wahrzunehmen.

Der Ausblick von der Küche ist sagenhaft
Entspannte Stunden auf der Dachterrasse
Entspannte Stunden auf der Dachterrasse verbringen
Blick auf Modica

Im Erdgeschoss befindet sich neben dem Schlafzimmer und der Wohnküche ein hübsches, modern gehaltenes Badezimmer, neben dem eine Treppe ins Obergeschoss führt. Auch hier drängt es mich gleich nach draußen auf die herrliche Dachterrasse mit Loungebereich und Sitzecke. Während die Residenza Hortus ein von aller Stadthektik entrückter Zufluchtsort ist, präsentiert mir Casa Kimiyà das wunderschöne Modica auf dem Silbertablett – und zwar so postkartengleich, dass es mich gar nicht drängt, selbst in die kleinen Gassen abzutauchen. Denn einen so schönen Blick wie von hier bekomme ich sonst nirgends.

Bei der Renovierung wurde möglichst viel wiederverwendet und aufgewertet

Im Obergeschoss befindet sich ebenfalls ein Schlafzimmer sowie ein zweites Bad. „Bei der Renovierung haben wir möglichst vieles wiederverwendet und aufgewertet. Zudem kamen nur umwelt- und gesundheitsschonende Farben und Lacke zum Einsatz. In der Casa Kimiyà habe ich so eine harmonische Umgebung geschaffen, in der sich traditionelle, sizilianische Einflüsse mit modernen Merkmalen vermischen, die die Verbindung zwischen meiner Seele und der dieses bezaubernden Ortes erzählen“, so Luca.

Ortswechsel und Einzug in Lucas jüngstes Projekt Casa Sabir

Szenenwechsel. Etwa 70 Kilometer nord-östlich von Modica befindet sich auf der Insel Ortygia das historische Zentrum der Stadt Syrakus. Große Plätze, kleine Gässchen, pompöse Brunnen, Museen, Kultur, Geschichte, Restaurants – all dies gibt es hier auf engstem Raum in Hülle und Fülle. Für mich als Seglerin war Syrakus schon immer ein ganz besonderer Ort, denn von hier aus bin ich viele Male auf mehrtägige Überfahren nach Griechenland aufgebrochen, habe meine Vorräte mit italienischen Köstlichkeiten aufgefüllt, mir mein letztes sizilianisches Pistazieneis gegönnt. Ebenso war es stets der erste sizilianische Hafen, der nach einer sonnenverbrannten Griechenlandsaison angesteuert wurde. Umso besonderer ist es nun für mich, die Stadt einmal „nur“ als Touristin zu besuchen, ohne mir Sorgen machen zu müssen, ob der Anker in der Bucht halten und wir irgendwo unsere Wassertanks auffüllen können.

Seafront von Syrakus

Die Casa Sabir, Lucas jüngstes Projekt, befindet sich inmitten des historischen Marktes von Ortygia, wo tagein tagaus Händler ihre Waren – frischen Frisch, knackiges Gemüse, farbenfrohes Obst und verführerische Kräuter und Gewürze – anbieten. Pierpaolo führt mich durch die hohen Räumlichkeiten, darunter zwei Schlafzimmer, ein Weinatelier, eine große Küche und zwei Bäder, die schlicht und stilvoll eingerichtet sind und nur hier und da durch Lucas Kunst ergänzt werden.

Während der Renovierungsarbeiten wurden alte Wandmalereien entdeckt

Viel brauchte es nicht, um der Casa Sabir ihren ganz besonderen Charme zu verleihen, denn während der Renovierungsarbeiten entdeckte Luca alte Wandmalereien, die er behutsam freilegte und deren stilgebendes Element er nur durch wenige Kontrastelemente, etwa Designer-Lampen und handgefertigte Möbel, unterstrich. Luca beschreibt den „Subtraktionsprozess“ seiner Renovierungsarbeiten wie folgt:

„Es ist wie bei einer Skulptur: man muss Volumen, Licht, Gleichgewicht und Perspektive studieren und überflüssiges Material entfernen, um die Seele des Hauses zu entdecken. Und dann befreit man sie wie eine alte Musik, die seit langem nicht mehr gespielt wurde.“

Die Küche in der Casa Sabir ist toll ausgestattet
Blick ins Schlafzimmer der Casa Sabir
Schlafzimmer
Waschbecken
Blick zum Balkon

Die überwiegend in dezenten grau und altrosé-Tönen gehaltenen Räumlichkeiten strahlen Ruhe und Eleganz aus – doch sobald ich die Türen zu einem der Balkons öffne, die Luca in weiser Voraussicht mehrfach verglast und damit gut schallisoliert hat, trifft mich die volle Wucht des intensiven Siziliens, wie ich es kenne und liebe. Von oben herab blicke ich auf ein prächtiges Farbenspiel, sauge intensive Düfte in mich ein und werde mit einem Geräuschpegel konfrontiert, der trotz Nebensaison eher an einen Jahrmarkt als an einen kleinen Wochenmarkt erinnert. Nicht nur marktschreierische Rufe, sondern auch orientalisch anmutende Melodien kann ich dem Getümmel entnehmen, und ich bin fasziniert davon, so mittendrin und doch nur eine Beobachterin dieses Schauspiels zu sein. Bis mich irgendwann der Hunger packt, und ich mich den Versuchungen der Marktstände nicht mehr widersetzen kann.

Blick auf den Markt
Detail vom Balkon
Orangen vom Markt in Syrakus

Ina ist digitale Nomadin und reist zu Wasser und zu Lande durch Europa. Dabei hält die Journalistin stets Ausschau nach besonderen Orten für Good Travel, philosophiert in ihrer Kolumne über das Reisen, fotografiert, musiziert und schreibt Artikel zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen aller Art.

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