Agriturismo
Fernab vom hektischen Treiben der Städte, blüht in den ländlicheren Regionen Italiens eine einzigartige Form des Tourismus: Agriturismo. Dieses Konzept, das die Schönheit der Natur, die Herzlichkeit der ländlichen Gemeinden und die Faszination für traditionelle Lebensweisen vereint, erfreut sich jedoch nicht mehr nur in Bella Italia, sondern auch Europaweit zunehmender Beliebtheit.
Was einst als einfache Unterkunft auf Landwirtschaftsbetrieben begann, hat sich in den letzten Jahren in vielen Regionen Italiens zu einer bedeutenden Säule des nachhaltigen Tourismus entwickelt. Was Agriturismo konkret ist, wie es sich zu einem bedeutenden Tourismuskonzept entwickelt hat und wo es mittlerweile überall Anklang findet, erklärt euch unsere Autorin Nadine.
Ursprung und Entwicklung des Agriturismo
Agriturismo setzt sich grundlegend aus den Wörtern „agricoltura“ (Landwirtschaft) und „turismo“ (Tourismus) zusammen. Die Ursprünge gehen zurück auf die Mitte des 20. Jahrhunderts, als Italien nach dem Zweiten Weltkrieg eine starke Modernisierung und Urbanisierung erlebte. Viele ländliche Gemeinden sahen sich mit wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert, da immer mehr Menschen in die Städte zogen und traditionelle landwirtschaftliche Praktiken vernachlässigt wurden. In dieser Zeit entstand die Idee des Agriturismo als Möglichkeit für Landwirt:innen, ihr Einkommen zu diversifizieren und ihre Höfe für den Tourismus zu öffnen.
Die offizielle Anerkennung und Regulierung des Agriturismo in Italien erfolgte jedoch erst in den 1980er Jahren mit der Einführung entsprechender Gesetze und Vorschriften. Diese Gesetze legen fest, welche Art von Unterkünften als Agriturismo gelten und welche Aktivitäten Landwirte für ihre Gäste anbieten dürfen (dazu später mehr). Agriturismo wird seitdem finanziell stark gefördert und unterliegt regelmäßigen sowie strengen Prüfungen, um die Qualität und Authentizität der angebotenen Erfahrungen zu gewährleisten.
Die Bedeutung von Agriturismo in der Tourismusbranche
Agriturismo hat sich im Laufe der Jahre zu einem bedeutenden Faktor in der Tourismusbranche entwickelt. Gästen werden authentische Einblicke in das ländliche Leben und die lokale Kultur sowie traditionelle Lebensweisen gegeben. Diese Form des Reisens wird nicht nur von Naturfans und Erholungssuchenden geschätzt, sondern hat auch unter umweltbewussten Reisenden an Beliebtheit gewonnen, da sie oft eine nachhaltigere Alternative zu herkömmlichen Tourismusangeboten darstellt. Eine beliebte Region dafür ist der Comer See. Unterkünfte in Italien findet ihr hier.
Viele Agriturismo-Betriebe produzieren ihre eigenen Lebensmittel und Produkte vor Ort, sei es Wein, Olivenöl, Käse oder Obst und Gemüse. Dies fördert nicht nur die regionale Wirtschaft, sondern trägt auch zur Vermarktung lokaler Produkte bei und stärkt die Verbindung zwischen Produzent:innen und Verbraucher:innen. Außerdem trägt die Präsenz dieser Betriebe dazu bei, die Lebensqualität in ländlichen Gemeinden zu verbessern, indem sie neue Möglichkeiten für kulturellen Austausch, soziale Interaktion und nicht zuletzt auch Arbeitsplätze schaffen. Hier findet ihr dieses Orte in Spanien, Griechenland und Italien.
DIE TYPISCHE AGRITURISMO UNTERKUNFT
Eine typische Agriturismo-Unterkunft bietet weit mehr als nur eine Übernachtungsmöglichkeit. Oft sind es charmante Bauernhöfe oder ländliche Anwesen in malerischer Landschaft, die die lokale Architektur und den Charme der Region widerspiegeln. Die Bandbreite reicht von einfachen Bed & Breakfasts bis hin zu luxuriösen Villen. Die Gastgeber:innen sind nicht nur Vermieter:innen, sondern auch Botschafter:innen ihrer Region, die ihr Wissen über Landwirtschaft und lokale Traditionen teilen und einen sehr persönlichen Kontakt zu ihren Gästen pflegen.
Laut den italienischen Regelungen dürfen Agriturismi verschiedene Aktivitäten anbieten, die eng mit der Landwirtschaft und dem ländlichen Leben verbunden sind. Dazu gehören die Teilnahme an der Ernte, Tierpflege, Weinlese oder Olivenölproduktion, Verkostungen lokaler Produkte, Kochkurse und gastronomische Veranstaltungen. Bildungsangebote wie Workshops über landwirtschaftliche Techniken und traditionelle Handwerkskünste sind ebenfalls erlaubt, genauso wie Freizeitaktivitäten wie Wanderungen, Radtouren und Reitausflüge sowie Wellnessangebote wie Massagen und Yoga. Lest hier einen schönen Aritkel „Hinter den Kulissen“ im Novanta.
Agriturismo ≠ Urlaub auf dem Bauernhof
Während „Urlaub auf dem Bauernhof“ in Deutschland oder Österreich meist Ferienwohnungen auf aktiven Bauernhöfen mit Tieren und Ackerbau bedeutet, steht beim Agriturismo in Regionen Italiens weniger die Mithilfe auf den Höfen im Vordergrund, sondern mehr die Erholung auf dem Land, die kulturelle Vermittlung, das Kennenlernen von authentischen Traditionen und das Probieren von hochwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Der Comer See vereint dies mit einer atemberaubenden Landschaft.
Agriturismo außerhalb Italiens
Auch wenn Agriturismo seinen Ursprung in Italien hat, ist diese Form des Urlaubmachens mittlerweile auch außerhalb Italiens vertreten. In Ländern wie Spanien, Frankreich oder Portugal und auch in Deutschland und Österreich, wo man Konzepte wie „Ferien auf dem Land“ kennt, findet man dementsprechende Unterkünfte, die Natur, Erholung und Kultur miteinander verbinden.
Der Inbegriff von Slow Travel
Agriturismo ist der Inbegriff von Slow Travel. Diese Form des Reisens bietet eine Verbindung zur Natur, vermittelt die Authentizität des ländlichen Lebens und schafft die Möglichkeit, lokale Traditionen zu entdecken – und das auf nachhaltigste Weise.
Erlebt den Agriturismo und entdeckt die Schönheit des ländlichen Tourismus. Was will man mehr?
Ein weiterer Aspekt des Agriturismo ist die Förderung des kulturellen Erbes. Viele Agriturismo-Betriebe befinden sich in historisch bedeutsamen Gebäuden oder in Landschaften mit besonderem kulturellen Wert. Die Restaurierung und Erhaltung dieser Orte erfolgt oft unter strengen Auflagen, um die Authentizität und den historischen Charakter zu bewahren. Gäste können in die Geschichte der Region eintauchen, indem sie an geführten Touren teilnehmen, die Geschichten und Traditionen vermitteln, die sonst in Vergessenheit geraten könnten.
Marktplätze für lokale Produkte
Zusätzlich trägt Agriturismo zur lokalen Gemeinschaft bei, indem es kleine Produzenten und Handwerker unterstützt. Viele Agriturismi bieten Marktplätze oder Bauernmärkte an, auf denen lokale Erzeuger ihre Waren direkt an die Besucher verkaufen können. Dies stärkt nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern fördert auch den direkten Austausch zwischen Produzenten und Konsumenten. Die Besucher erhalten so Einblicke in die Herstellungsprozesse und die Herausforderungen kleiner Betriebe.
Der soziale Aspekt von Agriturismo manifestiert sich auch in der Schaffung einer Gemeinschaft, die auf gemeinsamen Interessen und Werten basiert. Viele Agriturismo-Gäste suchen nach einer tieferen Verbindung mit anderen Menschen und der Natur. Workshops und gemeinsame Aktivitäten wie Kochkurse, bei denen traditionelle Rezepte mit Zutaten vom Hof zubereitet werden, fördern das Gemeinschaftsgefühl und bieten eine Plattform für interkulturellen Austausch.
Insgesamt bietet Agriturismo eine bereichernde Alternative zum herkömmlichen Massentourismus, indem es tiefere, bedeutungsvolle Erfahrungen ermöglicht, die sowohl individuell bereichernd als auch kollektiv nachhaltig sind.
Agriturismo – Kurz und knapp zusammengefasst:
© Fotos: Mas Oms, Vegan Agrivilla I Pini