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Massentourismus in Barcelona

Overtourism und was man dagegen tun kann

Die Proteste gegen anhaltende Touristenströme aus dem vergangenen Jahr in beliebten Reisezielen wie Venedig, Palma de Mallorca und Barcelona haben die Schattenseiten des (Massen-)Tourismus aufgezeigt. In Island, wo aufs Jahr hochgerechnet mittlerweile sieben Reisende auf einen Einheimischen kommen, wächst die Unzufriedenheit und auch hierzulande regt sich in beliebten Städten wie Berlin und Hamburg die Kritik an den ankommenden Touristenmassen.

Tourismuskritik gibt es seit jeher

Dabei sind Proteste gegen den Massentourismus nichts Neues. Seit Anbeginn des Tourismus gibt es auch Tourismuskritik. So gab es in den Achtzigern beispielsweise viel Kritik am anhaltenden Bauboom im Alpenraum. Als Folge gründeten sich Verbände, die schon damals auf nachhaltigen Tourismus setzten und die Schutz der Natur in den Vordergrund stellten.

Heute spricht man von Overtourism. Gemeint ist damit die regelrechte Überflutung von Städten und Regionen mit Touristen. Gelegentlich wird auch von „Touristifizierung“ gesprochen. Gemein haben sie allesamt, dass vor allem die dort lebende Bevölkerung die negativen Auswirkungen des Tourismus zu spüren bekommt: Menschenmassen, Enge, Lärm, Müll, unangemessenes Verhalten der Touristen und Preissteigerungen.

Man liest Sprüche wie „Tourist go home!“

In Städten, in denen die Wohnungsnot eh schon groß ist, tragen Anbieter wie Airbnb dazu bei, die Mieten weiter zu erhöhen und die Bevölkerung weiter an den Stadtrand oder gar ganz zu verdrängen. Nicht umsonst gibt es in Berlin seit einigen Jahren das Zweckentfremdungsgesetz, dass das bloße Kaufen von Wohnungen, um sie schließlich auf Airbnb zu vermieten, verbietet.

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In anderen Städten wie Venedig, gibt es solche Gesetze (noch) nicht. Zahlreiche Dokumentationen über den Massentourismus in Venedig führen einem drastisch vor Augen, wie die kleine Stadt mit den täglich ankommenden Touristenmassen zu kämpfen hat. Doppelt tragisch: die meisten von ihnen kommen über Kreuzfahrtschiffe in die Stadt. Nicht nur ein Problem für die Umwelt, auch die dortige Bevölkerung hat von den sonst positiven Effekten des Tourismus wenig. Die Urlauber von den Schiffen geben in der Regel wenig Geld in den Städten aus, essen und schlafen auf den Schiffen. 

Verständlich also, dass das nicht jedem passt. „Tourist go home“ oder „Your luxury trip is my daily misery“, also dein Luxustrip ist meine tägliche Misere, sind nur einige Sprüche, die mittlerweile so manch eine Häuserwand ziert. 

Ein Wachstumssektor und kein Ende in Sicht

Aber auch das große Angebot von Billigfliegern bringt mehr und mehr Menschen in die Städte. Zum Shopping für ein Wochenende nach Barcelona – noch nie war es so leicht und günstig zu reisen wie heute. Die Zahl der Reisenden steigt seit Jahren kontinuierlich und es ist kein Ende in Sicht. Das ist zum einen schön. Denn das heißt, dass es sich mehr Menschen leisten können zu reisen. Doch das bringt auch ernstzunehmende Probleme für die Umwelt und für die ortsansässige Bevölkerung mit sich wie beispielsweise mehr Müll, Lärm und Enge durch die ankommenden Menschenmassen.

Die Proteste spiegeln aber auch ganz allgemein die Ungerechtigkeiten des Sektors wider: unfaire Löhne und wenig Teilhabe der Bevölkerung bei der Stadtentwicklung. Dabei ist nichts wichtiger, als die Ortsansässigen in die Tourismusplanung mit einzubeziehen und sie am Erfolg teilhaben zu lassen. So wird zum einen sichergestellt, dass alle zu jedem Zeitpunkt über die zukünftigen Schritte informiert sind, zum anderen fühlen sie sich nicht vernachlässigt oder abgedrängt, wenn man sie am Erfolg teilhaben lässt.

Das der Tourismus auch viele positive Seiten hat, vergisst man bei den Protesten leicht. So stellt der Sektor einen Großteil an nicht verlagerbaren Arbeitsplätzen und kann so auch ländliche oder strukturschwache Regionen stark machen. Darüber hinaus werden kulturelle Sehenswürdigkeiten instandgehalten. Auch das umliegende Landschaftsbild spielt für den Tourismus eine zentrale Rolle und es liegt in seinem Interesse, dieses aufrecht zu erhalten. Und schließlich kann Reisen positiv dazu beitragen, den eigenen Horizont zu erweitern. Es wird daher keine Option sein, nicht mehr zu reisen. Vielmehr müssen sich verträglichere Tourismusformen etablieren. Solche, die sowohl für die Einheimischen als auch für die Reisenden ein Zugewinn sind.

Nachhaltiger Tourismus setzt sich mit den Problemen auseinander

Schön also, wenn sich aus dem Protest heraus Vereine wie „Venezia Autentica“ bilden. Die Gründer Valeria und Sebastian haben es sich zum Ziel gemacht, Venedig vor der „Plage des Massentourismus zu retten“. Auf ihrer Plattform kann man individuelle Aktivitäten in Venedig buchen, die dem Reisenden das wahre Venedig zeigen. So kann man zum Beispiel typisch venezianische Masken dekorieren oder selber Murano-Schmuck herstellen. Darüber hinaus findet man auf der Webseite eine interaktive Karte, auf der die Geschäfte aufgelistet sind, die von Venezianern geführt werden und die hochwertige Produkte anbieten.

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Staatliche Regulierungen können ebenfalls helfen das Problem des Overtourism zu entschärfen. Gesetze wie das Zweckentfremdungsgesetz aber auch Abgaben wie die Betten- oder Touristensteuer können dabei Lösungsansätze sein. Man könnte, ähnlich wie schon in manchen Nationalparks, auch Besucherbegrenzungen für Sehenswürdigkeiten festlegen. Anmeldesysteme für Sehenswürdigkeiten oder Besucherlenkungen können die Nachfrage regulieren und helfen, die Reisenden besser zu verteilen.

Was man selbst gegen Overtourism tun kann

Aber auch durch die eigenen Reiseentscheidungen kann man dazu beitragen, einen nachhaltigen Tourismus zu unterstützen. Konkret heißt das:

  • Slow Travel anstelle von Kurztrip: lieber länger bleiben und dabei schonend anreisen
  • Handarbeit anstelle von Souvenirshop: das Geld dort ausgeben, wo es bei den Einheimischen auch wirklich ankommt
  • Respektvoll mit Mensch und Natur: einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe mit den Einheimischen und den natürlichen Ressourcen vor Ort pflegen
  • Die Nebensaison nutzen: die Hauptreisezeiten der Touristenhochburgen meiden und in der Nebensaison reisen
  • Nachhaltige Unterkünfte buchen: eine handverlesene und schöne Auswahl an Unterkünften findest du auf Good Travel

Als Konsument hat man mit seinen Kaufentscheidungen viel Macht. Je mehr Menschen nachhaltig Urlaub machen, desto eher wird auch ein Umdenken bei den großen Reiseveranstaltern stattfinden. Und schließlich werden auch die Menschen aus den betroffenen Regionen dankbar über solch ein Umdenken sein.

Lisa hat den Good Travel Blog mit aufgebaut und schreibt zukünftig als freie Autorin für uns. Sie reist und tanzt mit einem geringen ökologischen Fußabdruck leidenschaftlich gern um die Welt.

1 Comment

  • Jan

    Vor allem die richtigen Leute wären nett. Man hat das Gefühl da reisen nur extrovertierte Selbstdarsteller, die nur wegen Likes und Klicks irgendwohin reisen. Das ist grässlich, genau das will ich nicht.

KOMMENTAR

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