Nachhaltig anreisen
Laut einer Studie der University of Sydney ist der Tourismus für rund acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Und laut Berechnungen des Vereins KlimaLink e.V. fallen satte 75 Prozent dieser Emissionen bei der An- und Abreise an. Es lohnt sich also definitiv, bei der nachhaltigen Reiseplanung nicht nur die Wahl der Unterkunft und der Urlaubsaktivitäten zu hinterfragen. Sondern auch die Art und Weise, wie wir dorthin und wieder nach Hause kommen.
Die Klimawirkung von An- und Abreise online berechnen
Im Internet gibt es inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, um die CO₂-Emissionen je Verkehrsmittel zu berechnen. Mein persönlicher Favorit: der CO2-Rechner von „Quarks“. Er berechnet anhand umfassender Daten des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) nicht nur die CO2-Emissionen für eine geplante Strecke per Auto. Sondern vergleicht diese auch direkt mit den Emissionen anderer Verkehrsmittel: E-Auto, E-Bike, ÖPNV, Fernzug, Fernbus und Flugzeug. Dafür müsst ihr zuerst etwa mithilfe von Google Maps herausfinden, wie viele Kilometer euer Urlaubsort von eurem Zuhause entfernt ist. Diese Kilometerzahl multipliziert ihr mal zwei (denn ihr wollt ja die Hin- und Rückreise berechnen) und gebt sie zusammen mit ein paar Details zu eurem PKW ein. Falls ihr selbst kein Auto habt, könnt ihr hier auch einfach Mittelwerte eingeben. Und schon seht ihr sehr übersichtlich, was für eure Reise je Verkehrsmittel ungefähr an Emissionen auf euch zukommt.
Wie klimafreundlich ist eine Anreise mit dem Auto?
Beim Fahrten mit dem Auto sind vor allem drei Faktoren ausschlaggebend dafür, wie hoch eure CO₂-Emissionen für die An- und Abreise in den Urlaub sind:
- Fährt euer Fahrzeug mit Diesel, Benziner oder komplett elektrisch?
- Wie hoch ist der durchschnittliche Treibstoffverbrauch pro 100 Kilometer?
- Wie viele Personen fahren mit?
Wie stark sich diese Faktoren auf die Emissionen auswirken zeigt ein Beispiel. Angenommen, ihr möchtet von Frankfurt nach Madrid in den Urlaub. Hin und zurück sind das mit dem PKW etwa 3.800 Kilometer. Ein altes Dieselauto aus den 90er Jahren verbraucht im Schnitt 8 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Folglich braucht ihr für diese Reise etwa 300 Liter Kraftstoff. Wer nun auch noch ganz alleine im Auto sitzt, verursacht mit dieser Reise rund eine Tonne CO₂-Emissionen. Bedenkt dabei: der durchschnittliche Klimafußabdruck in Deutschland beträgt 10,8 Tonnen – pro Person und pro Jahr! Mit einer An- und Abreise im alten Dieselauto hätte man also bereits fast ein Zehntel des jährlichen CO₂-Budgets verbraucht. Wobei die in Deutschland üblichen 10,8 Tonnen CO₂ pro Jahr bereits zehnmal höher liegen, als Forschende als „klimaverträglich“ bezeichnen. Allerdings: mit jeder weiteren Person, die mitfährt, wird die Klimabilanz pro Kopf etwas besser – bzw. weniger schlimm. Seit ihr etwa mit einer vierköpfigen Familie unterwegs, betragen die Emissionen im alten Dieselauto pro Person 250 kg. Fahrt ihr hingegen mit einen sparsamen Benziner, der etwa 5 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, könnt ihr im Vergleich zum alten Dieselauto bei dieser Fahrt rund 50 Prozent CO₂-Emissionen sparen. Und mit einem E-Auto kommt ihr für diese Reise auf nur 344 kg pro Fahrzeug.
An- und Abreise mit dem Flugzeug: kann man das verantworten?
Das Wort Flugscham ist längst keine Wortneuschöpfung mehr und die meisten von uns wissen, dass wir dem Klima zuliebe so wenig wie möglich fliegen sollten. Allerdings gibt es tatsächlich Fälle, in denen das Flugzeug nicht Platz eins der Reiseklimasünder belegt. Nehmen wir wieder das Beispiel Frankfurt – Madrid – Frankfurt. Der pro-Kopf-CO₂-Ausstoß mit dem Flugzeug liegt hier bei knapp 900 kg. Richtig gelesen – Fliegen ist in dem Fall sogar weniger klimaschädlich, als alleine mit dem alten Dieselauto zu fahren. Dennoch sind 900 kg CO₂ für die An- und Abreise in den Urlaub noch immer ganz schön viel. Kommt ihr ums Fliegen nicht herum, könnt ihr zum Beispiel mit Anbietern wie Atmosfair immerhin eure Emissionen ausgleichen. Wie genau das funktioniert, lest ihr in diesem Beitrag auf unserem Blog.
Anreise mit Bus und Bahn: hier könnt ihr CO₂ sparen
Viele Reiseziele in Europa könnt ihr auch klimafreundlich mit Fernzügen oder Fernbussen erreichen. Auf unserem Blog haben wir hierzu schon einige Reisepläne ausge(c)heckt – lasst euch inspirieren:
- Fünf Orte, die du mit dem Nachtzug bereisen kannst
- Über die Grenzen hinaus: mit dem Deutschlandticket ins Ausland
- Buchtipp: Reisen ohne Flug
Für unsere Strecke Frankfurt – Madrid – Frankfurt liegen die Emissionen mit Fernzügen und -Bussen bei durchschnittlich 117 kg pro Person. Nur mit dem Fahrrad oder zu Fuß könnt ihr noch klimafreundlicher an- und abreisen. Insgesamt schneiden Fernbusse übrigens etwas besser ab als Züge, weil sie mit 60 Prozent im Schnitt besser ausgelastet sind als der Schienenfernverkehr (44 Prozent).
Fazit
Fest steht: Emissionsfrei in den Urlaub zu kommen ist schwierig. Doch mit der Wahl des Verkehrsmittels können wir einen echten Unterschied machen. Idealerweise reist ihr mit Fernzügen oder Fernbussen an und ab. Das kann auch stressfreier und schneller sein als die Fahrt mit dem eigenen Auto. Stattdessen könnt ihr die Fahrtzeit nutzen, um euch auf den Urlaub vorzubereiten oder das Urlaubsgefühl noch in Ruhe nachklingen zu lassen. Entscheidet ihr euch hingegen für die Fahrt mit dem Auto, achtet auf ein möglichst sparsames Modell und fahrt nicht allein. Denn je mehr Leute mitfahren, desto geringer die CO₂-Emissionen pro Kopf. Bedenkt jedoch auch: der Klimafußabdruck einer Reise ist mit der An- und Abreise noch nicht abgefrühstückt. Wichtig ist auch, wie ihr euch am Urlaubsort selbst fortbewegt, wie energieeffizient und umweltfreundlich eure Unterkunft ist, was ihr esst und wieviel Müll ihr produziert. Klingt überfordernd? Tief durchatmen. Macht euch bewusst: alleine die Tatsache, dass ihr diesen Artikel bis zum Ende gelesen habt, zeigt: ihr seid auf einem guten Weg. Und nun: viel Spaß beim Rechnen und Planen!
1 https://klimalink.org/klimafreundlich-reisen/
2 https://www.umweltbundesamt.de/bild/durchschnittlicher-kraftstoffverbrauch-von-pkw
4 https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-hoch-sind-die-treibhausgasemissionen-pro-person
5 GEO
Fotos: unsplash / Elizabeth Lies, Daniel, Pexels / Oandremoura
Ina Hiester
Ina ist digitale Nomadin und reist zu Wasser und zu Lande durch Europa. Dabei hält die Journalistin stets Ausschau nach besonderen Orten für Good Travel, philosophiert in ihrer Kolumne über das Reisen, fotografiert, musiziert und schreibt Artikel zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen aller Art.
4 Comments
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Johanna
Wieder ein toller und interessanter Bericht und mal interessant auch wie man die Berechnung macht um seinen eigen sogenannten Verbrauch die sogenannte CO₂-Emissionen pro Kopf. zu berechnen den man hinterlässt wenn man alleine oder mit vollem Auto fährt oder mit anderen Fahrzeugen. Tja am liebsten würde ich immer mit Fahrrad und Zu Fuß reisen und einen Ausflug machen aber mit Familie und Kindern und Hund und Katze ist mir das nicht immer möglich…aber gut Ding will Weile haben.
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Mike
Ein schöner und aufrüttelnder Bericht…
Meine Erachtens müsste man das Thema Auto genauer beleuchten: ist es Klimaschädlicher mit einem alten Auto in den Urlaub zu fahren oder ein neues umweltfreundlicheres produzieren zu lassen?
Wenn es zuverlässig möglich wäre mit einem Nachtzug in den Süden zu kommen(ich wohne in Norddeutschland), würde ich es gerne ausprobieren.. aber leider bin ich angetriggert von der Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn..-
Ina
Danke für dein Feedback, Mike! Du hast Recht, das Thema alt vs. neu ist (nicht nur bei Autos) deutlich komplexer. Denn nicht nur die CO2-Emissionen während der Nutzung, sondern auch der gesamte Energie- und Ressourcenverbrauch für die Herstellung fallen ins Gewicht. Da wir jetzt mal nicht davon ausgegangen sind, dass sich jemand extra für die Fahrt in den Urlaub ein neues Auto anschafft, habe ich das an dieser Stelle ausgeklammert. Folgender Artikel fasst das Thema alt vs. neu bei Autos meines Erachtens ganz gut zusammen: https://eco-auto.info/article/altes-oder-neues-auto. Zu den Alternativen: hast du schonmal die Option Fernbus ausprobiert? Gruß, Ina
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Johanna
Volk