Flugreisen trotz Klimakrise – geht das?
Ein Gastbeitrag
Fliegen belastet das Klima, aber viele möchten nicht darauf verzichten. Welche Alternativen gibt es und wie lässt sich der CO₂-Fußabdruck von Flügen reduzieren?
Klimawirkung des Fliegens: Die Fakten
Flugreisen sind beliebter denn je – sie bieten eine schnelle und bequeme Möglichkeit, zum Ziel zu gelangen. Nach einem kurzen pandemiebedingten Einbruch steigt die Zahl der Fluggäste wieder Jahr für Jahr. Gleichzeitig wächst aber auch das Bewusstsein dafür, dass Flugreisen die Umwelt und insbesondere das Klima belasten. Deswegen suchen immer mehr Menschen nach Alternativen und vor allem umweltfreundlichen Reisemöglichkeiten. Aber warum ist Fliegen eigentlich so schlecht fürs Klima und was ist der Unterschied zu anderen Transportmitteln wie Autos, Bussen oder Zügen?
Flugzeuge verursachen erheblich mehr CO₂-Emissionen pro Passagierkilometer als andere Transportmittel. Sie sind energieintensiv und benötigen eine enorme Menge an Treibstoff, um abzuheben und in großen Höhen weite Strecken zu fliegen. Flugzeugabgase sind außerdem besonders schädlich, da sie in Höhen von 9.000 bis 13.000 Metern freigesetzt werden, wo die Atmosphäre besonders sensibel ist. Neben CO₂ tragen dort auch noch andere Faktoren zur Klimawirkung des Flugverkehrs bei.
Kondensstreifen: Wolken am Himmel
Aus den Flugzeugtriebwerken strömen heiße, partikelreiche Gase, die unter bestimmten Bedingungen Kondensstreifen bilden. Diese Streifen können je nach Feuchtigkeit, Temperatur und Tageszeit unterschiedlich stark das Klima beeinflussen. Im Durchschnitt ist die Klimawirkung der Kondensstreifen etwa so hoch wie die der CO₂-Emissionen allein.
Stickoxide: Mehr als nur Abgase
Stickoxide aus Flugzeugabgasen beeinflussen die Ozon- und Methankonzentration in der Atmosphäre. Diese Veränderungen haben sowohl erwärmende als auch kühlende Effekte, wobei die Erwärmungswirkung überwiegt. Auch hier ist die Klimawirkung vergleichbar mit der von CO₂-Emissionen.
Weitere Bestandteile: Wasserdampf, Ruß und Sulfatverbindungen
Wasserdampf aus Flugzeugabgasen hat eine geringfügige Erwärmungswirkung aufgrund seiner kurzen Verweildauer in der Atmosphäre. Ruß führt zu Erwärmung, während Sulfatverbindungen abkühlend wirken. Insgesamt heben sich diese Effekte weitgehend auf.
Der Gesamteffekt: Ein Klimafaktor von 3
Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Flugverkehr in hohen Flughöhen das Klima dreimal stärker erwärmt als die CO₂-Emissionen allein. Die einzige Lösung hier ist es, den Flugverkehr zu reduzieren und Alternativen zu fördern.
Klimafreundliche Anreise: Tipps zur CO₂-Reduktion
Um den Klimafußabdruck von Reisen zu reduzieren, ist es am wirksamsten, alternative Transportmittel und kürzere Anreisen auszuwählen. Ganz nach dem Motto: „Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren“.
Tipp 1: Kurze Anreisestrecken
Kurze Anreisestrecken reduzieren wesentlich CO₂-Emissionen, da jeder gesparte Kilometer auch Treibstoff spart. Eine kurze Anreise ist außerdem nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch stressfreier und oft kostengünstiger und bietet die Möglichkeit, spontane, kurzfristige Ausflüge zu unternehmen. Suche doch mal nach schönen Orten in deiner Region, die leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad erreichbar sind und nutze die Gelegenheit, um die vielfältigen Landschaften und Sehenswürdigkeiten in deiner Umgebung neu zu entdecken. Wer weiß, vielleicht findest du dabei versteckte Juwelen und unterstützt gleichzeitig lokale Initiativen.
Tipp 2: Anreise mit Bus und Bahn
Bus und Bahn sind im Vergleich zum Auto und Flugzeug deutlich klimafreundlichere Verkehrsmittel. Moderne Züge und Busse haben eine hohe Energieeffizienz und viele Bahngesellschaften fördern den Einsatz erneuerbarer Energien, wodurch der CO₂-Fußabdruck weiter reduziert wird. Bus und Bahn bieten außerdem oft komfortable und schnelle Verbindungen, besonders in Europa. Mit der Nutzung von Bus und Bahn vermeidet man auch Verkehrsstaus und reduziert die Luftverschmutzung in den Städten. Wie wäre es, mal mit der Bahn quer durch Europa zu reisen? Das europäische Bahnnetz bietet viele Schnell- und Nachtzüge, um auch größere Strecken unkompliziert zurückzulegen. Außerdem kann man mit dem Zug viel einfacher einen Zwischenstopp einlegen und das Land erkunden.
Tipp 3: Flugemissionen reduzieren
Falls du eine weite Reise geplant hast, bei der die Anreise mit Bus oder Bahn keine Option für dich darstellt, kannst du deinen CO₂-Fußabdruck schon beim Buchen von Flugreisen möglichst klein halten. In der Economy-Class sitzen Passagiere platzsparender, was den CO₂-Ausstoß pro Person reduziert. Neue Flugzeugmodelle sind oft effizienter im Kraftstoffverbrauch und stoßen weniger Emissionen aus als ältere Modelle. Jeder Start- und Landevorgang verbrennt besonders viel Treibstoff und verursacht hohe CO₂-Emissionen. Deswegen sind Direktflüge ohne Umstieg im Vergleich weniger klimaschädlich. Einige Fluggesellschaften verwenden außerdem anteilig alternative, klimaverträglichere Kraftstoffe. Wenn du diese Aspekte schon bei der Buchung beachtest, kannst du die Klimawirkung deines Flugs zu verkleinern.
Tipp 4: Kompensation von Flugemissionen
Wenn Flugreisen unvermeidbar sind, kann die Kompensation der Emissionen eine sinnvolle Maßnahme sein. Dabei werden die CO₂-Emissionen anhand von Flugstrecke, Flugzeugtyp und Auslastung berechnet – zum Beispiel mit dem atmosfair Emissionsrechner – und durch Investitionen in Klimaschutz-Projekte zur CO₂-Reduktion an anderer Stelle eingespart. Aber wie funktioniert das mit der Kompensation eigentlich genau?
Flug kompensieren – wie geht das?
Flugpassagiere haben die Möglichkeit, ihre Flugemissionen zu kompensieren, indem sie über Organisationen wie atmosfair in Projekte investieren, die an anderer Stelle CO₂-Emissionen vermeiden oder reduzieren. Diese Projekte umfassen den Ausbau erneuerbarer Energien oder die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen. Wenn beispielsweise eine Tonne CO₂ kompensiert werden soll, beträgt der Beitrag bei atmosfair dafür 30 €. Mit diesem finanziellen Beitrag kann atmosfair dann gezielt Maßnahmen finanzieren, die dazu beitragen, eine Tonne CO₂-Emissionen an anderer Stelle einzusparen. Die Projekte werden sorgfältig ausgewählt und von unabhängigen Prüfern überwacht, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen. So können Flugreisende ihren ökologischen Fußabdruck kompensieren und gleichzeitig zur Finanzierung von umweltfreundlichen Projekten weltweit beitragen.
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Beispielprojekt: Effiziente Öfen in Nigeria
In Nigeria nutzen viele Familien Holz zum Kochen, was zur Abholzung der Wälder und zur Ausbreitung der Wüste führt. Effiziente Öfen reduzieren den Holzverbrauch um etwa 80 %, was die CO₂-Emissionen und den Bedarf nach Feuerholz senkt. Mit Hilfe der Kompensationsbeiträge von Flugreisenden senkt atmosfair die Verkaufspreise der effizienten Öfen, wodurch auch Familien mit geringem Einkommen Zugang zu dieser umweltfreundlichen Technologie erhalten.
Diese Maßnahme hat weitreichende, positive Auswirkungen über den reinen Klimaschutz hinaus. Der geringere Holzverbrauch trägt zur Erhaltung der Wälder und der Artenvielfalt bei. Außerdem verbrennen effiziente Öfen das Holz sauberer, was eine große Erleichterung für Frauen und Kinder bedeutet, deren Lungen und Augen sonst beim Kochen über offenem Feuer ständig beißendem Rauch ausgesetzt sind. Letztendlich führt die Förderung effizienter Öfen nicht nur zu einer nachhaltigen CO₂-Reduktion, sondern auch zu einer Steigerung der Lebensqualität und dem Schutz der natürlichen Ressourcen vor Ort.
Klimafreundlicher Reisen – Von Vermeidung bis Innovation
Trotz wirksamer Kompensation und damit einhergehendem Klimaschutz bleibt die beste Lösung, unnötige Flugreisen gar nicht erst anzutreten. Gerade für Kurz- und Mittelstrecken gibt es sinnvolle Alternativen. Für Langstrecken kann langfristig auch grünes Kerosin aus erneuerbaren Quellen die Emissionen der Luftfahrt erheblich reduzieren. Investitionen in Forschung und Entwicklung sind entscheidend, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der grünen Kerosinproduktion zu verbessern. Deswegen ist es auch eine Option, die Förderung von Projekten zur Entwicklung neuer Technologien sowie innovativer Verfahren zu unterstützen, um die Herstellung von grünem Kerosin zu optimieren. Auch das ist ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Luftfahrt.
Was ist atmosfair?
atmosfair ist eine Klimaschutzorganisation mit dem Schwerpunkt Reise. Die Organisation betreibt aktiven Klimaschutz, unter anderem mit der Kompensation von Treibhausgasen durch Projekte zum Ausbau erneuerbarer Energien oder der Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen im globalen Süden.
Mehr Informationen findest du hier
© Fotos: Pixabay / StockSnap, unsplash / Aditya Vyas, Pixabay / Rahim Allam, atmosfair
Christian Woller
Kleine Korrektur: Im Gegensatz zum Start verbraucht ein Flugzeug beim descending (Abstieg zur Landung) kaum noch Kerosin durch teilweise Gleitflug.