Im Kopf überall anders, nur nicht im Jetzt
Ihr fragt euch an der Stelle vielleicht, was denn eigentlich so schlimm daran ist, dass man während einer Reise möglichst viel erleben will und gewisse Vorstellungen hat, wie alles ablaufen soll? Ist doch eigentlich völlig legitim, oder? Ja schon, aber: Wenn man immer daran denkt, was man gerade nicht tut, dann vermiest einem das meistens das, was man gerade tut. Das Leben im Moment geht verloren. Das Jetzt kann nie gut genug sein. Gedanklich ist man immer schon beim nächsten Abenteuer, bei der nächsten Aktivität, die man noch irgendwie unterbringen will – gefangen in diesem endlosen Karussell, das sich ständig um die Frage dreht „Gibt es etwas, das ich gerade eher tun sollte?“. Die Antwort lautet Nein. Es ist gut, so wie es ist. Wir müssen nicht eins zu eins den Trip erleben, den irgendjemand auf Social Media bereits erlebt hat. Man will ja schließlich auch noch seine eigenen Erfahrungen sammeln und nicht blind das nachmachen, was man irgendwo gesehen hat.
FOMO abstellen – geht das?
Doch was tut man nun, wenn man merkt, dass man bei einer Reise ständig allem hinterherjagt und immerzu empfindet, dass man etwas versäumt? Eine einfache, aber sehr effektive Lösung: weniger Zeit auf Social Media verbringen. Für eine Reise wieder mehr offline recherchieren, sich ganz „oldschool“ einen Reiseführer kaufen oder Tipps von Freund:innen einholen. Auch während dem Reisen sollten wir weniger Zeit auf sozialen Netzwerken verbringen, sei es, um Fotos oder Videos zu posten oder zum Recherchieren. Lieber mal die Locals oder andere Reisende nach Empfehlungen fragen. Dabei bekommt man auch häufig eine weitaus ehrlichere Meinung zu gewissen Orten und Aktivitäten und keine gefilterte und geschönte Social Media Darstellung.
JOMO statt FOMO
Aus dieser Art zu reisen, ergibt sich dann im besten Fall JOMO, die Gegenphilosophie zu FOMO. Wir setzen JOMO, also Joy of missing out, um, indem wir uns von sozialen Netzwerken und anderen digitalen Ablenkungen distanzieren, ruhige Momente zelebrieren und auf die eigenen Bedürfnisse hören, anstatt das zu tun, was Social Media und Co uns vorgeben wollen. Denn ganz ehrlich: Am Ende wird genau nichts Negatives passieren, wenn wir diese eine Sache im Urlaub, von der wir überall gelesen haben, nicht machen. Das Leben geht weiter. Wir erleben vermutlich zu einem anderen Zeitpunkt andere ebenso tolle Dinge. Und sowieso: Wenn sich das Jetzt gerade gut anfühlt, wieso dann überhaupt darüber nachdenken, was sich vielleicht noch besser anfühlen würde? Bigger, better, faster hat mit nachhaltigem und bewusstem Reisen ohnehin nichts zu tun. Ich rufe mir, auf der sonnigen Terrasse sitzend, also ins Gedächtnis, dass die gute Wellen auch morgen nochmal kommen. Oder möglicherweise beim nächsten Surftrip. So oder so, verpassen werde ich bestimmt nichts. Denn mit meinem kühlen Saft und meinem spannenden Buch habe ich eine ebenso gute Zeit wie auf meinem Surfboard.
Kai
Mir ging das beim Fotografieren im Urlaub so. Ständig habe ich versucht den Moment einzufangen, anstatt ihn intensiv zu genießen.