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Urlaub in Rheinland-Pfalz

Bei Marius im Minimalus in St. Goar

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Das dachte sich auch unsere Autorin Ina bei ihrem letzten Heimaturlaub in Rheinland-Pfalz. Hier hat sie Good Travel Gastgeber Marius in seinem historischen Apartment in St. Goar am Rhein besucht.

Urlaubsoasen am fluss

Schon unzählige Male bin ich, als ich noch in Mainz studierte, mit dem Zug durch St. Goar am Rhein gefahren. Und unzählige Male blieb währenddessen mein Blick verträumt an den ehrwürdigen Burgen hängen, die zu beiden Seiten dieser europaweit bedeutsamen Wasserstraße thronen. Zu ihren Füßen schmiegen sich, zwischen Weinbergen und Wäldern, niedliche Städtchen und Dörfer an Deutschlands größten Fluss. Eine wunderschöne Ferienregion – und doch war ich bisher immer nur auf der Durchreise in dieser Märklin-Eisenbahnwelt. „Dieses Mal nicht!“, motivierte mich Good Travel Gastgeber Marius, der in und um St. Goar kleine, minimalistische Urlaubs-Oasen geschaffen hat.

Historisches Apartment Minimalus

Marius‘ Leben dreht sich um Design, Handwerk, ökologische und soziale Nachhaltigkeit

Als ich die Haustüre am Schlossberg Nr. 3 öffne, kommt mir Marius mit einem breiten Lächeln entgegen. Staub hat sich in seinen Haaren verfangen, seine Kleider sind voller Farbspritzer. Er hat das alte Haus in St. Goar am Rhein komplett selbst renoviert – von oben nach unten. Nun ist das Erdgeschoss dran. „Schon als Kind habe ich statt Autos oder Tieren immer nur Häuser gezeichnet. Ungewöhnliche, individuelle Häuser“, erzählt er mir später bei einer Tasse Tee. Weil er nicht nur entwerfen, sondern Pläne auch umsetzen wollte, machte Marius nach der Schule eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker. Allerdings: Mit dem rauen Umgangston im handwerklichen Umfeld wollte er sich einfach nicht abfinden. Er begann soziale Arbeit zu studieren, konnte hier jedoch seine kreativen und handwerklichen Fähigkeiten nicht einsetzen. In Holzminden in Niedersachsen fand er schließlich an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst einen Studiengang, der alles vereinte, was ihm wichtig war: Design, Handwerk und ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Hier studierte er nachhaltiges Bauen. Und fand durch seine Masterarbeit seine persönliche Bestimmung. 

Gastgeber Marius

Nachhaltig bauen heißt für Marius, Ressourcen wertzuschätzen

Wir sitzen in Marius‘ historischen Apartment in St. Goar am Rhein im 2. Stock. Die Farben hier im Minimalus sind schlicht und unaufdringlich. Angenehme Stoffe und warmes Holz schaffen eine gemütliche Atmosphäre, die Dekoration ist dezent aber originell. Nur die Tomaten, die in einer handgetöpferten Schale auf der alten Marmor-Tischplatte vor uns stehen, leuchten knallig rot. „Die sind von meinen Eltern aus dem Garten“, erzählt mir Marius. Sein Vater und seine Mutter hatten nicht nur schon immer ein Faible für biologisches Gärtnern, sondern auch dafür, aus alten Dingen noch etwas zu machen. „Als Kind war es mir peinlich, wenn meine Eltern den Sperrmüll anderer Leute einsammelten. Heute bin ich froh, dass sie mir beigebracht haben, Ressourcen wertzuschätzen und alten Gegenständen ein zweites Leben einzuhauchen“, sagt er. Während seiner Masterarbeit baute Marius im Garten seiner Eltern in Dachsenhausen, 15 Kilometer nördlich von St. Goar, aus gebrauchten Materialien ein Tinyhouse. „Eigentlich hatte ich geplant, das Tinyhouse danach zu verkaufen. Aber da steckte zu viel Herzblut drin, ich konnte mich nicht davon trennen. Stattdessen habe ich beschlossen, es zu vermieten. Und so hat das mit dem Gastgeber-Sein angefangen“, sagt der 32-Jährige, der den sozialen Kontakt mit seinen Gästen sichtlich genießt.

Tomaten aus dem Garten
Minimalus Dachsenhausen
Schränkchen
Küchenutensilien
Im historischen Apartment
Eco Magazine

Ein herzlicher Gastgeber und Allround-Handwerker

Weil so viele Menschen Lust hatten, Urlaub in seinem minimalistischen Tinyhouse zu machen, kaufte Marius bald darauf im Nachbarort Dessighofen zwei weitere Grundstücke. Inzwischen hat er neben drei Tinyhäusern und einer Ferienwohnung auf dem Land drei Apartments in St. Goar und Koblenz hergerichtet. Alles in Eigenleistung, vom Verlegen der Stromkabel bis zum Streichen der Wände. „Als ich das Haus hier in St. Goar kaufte, war es komplett zugemüllt. Sechs Monate lang habe ich mit meinen Eltern nur geräumt. Einiges landete zwar auf dem Müll, doch vieles konnte ich recyceln. Aus den alten Fensterrahmen etwa habe ich Bilderrahmen und Tischgestelle gebaut. Einige Trennwände habe ich rausgerissen und aus denselben Steinen Wände woanders wieder hochgezogen. Türen, Schränke und sogar das Sofa habe ich über Kleinanzeigen gebraucht besorgt“, erzählt Marius.

minimalus-tinyhouse-dessighofen
Fotobücher
St. Goar

Perfekt unperfekt: Das historische Apartment in St. Goar am Rhein

Marius‘ minimalistische Vision erkennt man nicht nur daran, dass er alte Dinge upcycelt und auf unnötigen Schnickschnack verzichtet. Er sagt: „Ich habe nicht den Anspruch, dass meine Unterkünfte perfekt sein müssen. Perfektion hat oft so etwas steriles. Mir ist wichtig, dass sich meine Gäste bei mir wohl fühlen. Ich habe beispielsweise beschlossen, das alte Treppenhaus in St. Goar so zu lassen, wie es ist. Es ist alt, die Stufen knarzen, es ist nicht perfekt. Aber genau deshalb ist es echt.“ Anstatt seine Gäste nach der Ankunft gleich mit Unternehmungstipps zu bombardieren, lässt er sie zunächst ganz in Ruhe ankommen. „St. Goar ist ein pittoreskes Städtchen. Von den Apartments ist man in einer Minute am Rhein, und die Gegend eignet sich prima zum Wandern und Fahrradfahren. Viele Städter kommen aber vor allem deshalb hierher, um ein Wochenende lang ohne viel Trubel Energie zu tanken.“ Das historische Apartment in St. Goar ist dafür genau das richtige!

Blick in den Wohnbereich
Wohnbereich
St. Goar
Wärmflasche
Gute-Laune-Musik

Minimalismus trifft auf kreative Features

Obwohl Marius bekennender Minimalist ist, hat er sich für jede Unterkunft kleine Besonderheiten ausgedacht. Das Badezimmer im Apartment im 2. Stock überrascht mit einer Mini-Sauna. Und wem im 1. Stock beim Duschen nach Unterhaltung ist, zieht einfach an einer Schnur und schon ertönt Gute-Laune-Musik. Für Marius sind das kleine Spielereien, mit denen er seine Kreativität ausleben kann. Wer während seines Aufenthalts auf den Geschmack gekommen ist, findet vor Ort gleich Inspirationen für den nächsten Urlaub. Marius sagt: „Ich habe den Entstehungs- bzw. Sanierungsprozess meiner Unterkünfte fotografisch dokumentiert und in Bildbänden abgedruckt. Viele Gäste bekommen durch die Bildbände Lust, auch in den anderen Unterkünften Urlaub zu machen.“

Mich hat Marius in jedem Fall angefixt. Und ich kann es kaum erwarten, als nächstes eines seiner Tinyhäuser für euch zu erkunden.

Inas fünf Reise-Tipps zum Schluss:

  • Nach St. Goar könnt ihr ganz bequem mit der Deutschen Bahn anreisen und dabei das hübsche Rheintal mit seinen Burgen und Schlössern bestaunen.
  • Marius‘ Top-Gastro-Tipp: im Grünrodehaus im sieben Kilometer entfernten Oberwesel gibt es authentische Hunsrücker Speisen mit Panoramaaussicht auf das Mittelrheintal.
  • St. Goar liegt am RheinBurgenWeg, einem wunderschönen, 200 Kilometer langen Fernwanderweg vom Rolandsbogen bei Remagen bis zum Mäuseturm bei Bingen.
  • St. Goar’s Burg Rheinfels ist eine der größten Burg- und Festungsruinen Europas und kann besichtigt werden.
  • Auch der Rheinradweg verläuft durch St. Goar. Er ist 1.450 km lang, führt durch vier Länder und neun UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten.
St. Goar’s Burg Rheinfels

Zum historischen Apartment in St. Goar am Rhein

© Fotos: Ina Hiester, Marius Bräunlich

Ina ist digitale Nomadin und reist zu Wasser und zu Lande durch Europa. Dabei hält die Journalistin stets Ausschau nach besonderen Orten für Good Travel, philosophiert in ihrer Kolumne über das Reisen, fotografiert, musiziert und schreibt Artikel zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen aller Art.

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