
Das Friz in Freiburg oder wie kam das Kanu in die Scheune?
Freiburg, die lebendige Studentenstadt im Breisgau, überzeugt durch eine autofreie Innenstadt, viel Grün und eine spannende Kultur- und Gastroszene. Im ortsansässigen Friz Bed & Breakfast hat sich unsere Autorin Geraldine jede Menge Inspirationen und neue Ideen geholt.
Gestern, heute und morgen
Wenige Minuten mit der Bahn von der Innenstadt entfernt liegt Freiburg-Gundelfingen – und mittendrin eine umgebaute denkmalgeschützte Scheune aus den 1840er Jahren. Von der Straße aus sieht man zunächst den einladenden Vintageladen mit wunderschön kuratierten Fundstücken – hier finden sich Designklassiker, Industrial-Lampen, historisches Spielzeug und spannende Kunst. Das Auge weiß gar nicht, wohin es zuerst schauen soll. Es ist wie ein Spielzeuggeschäft für Erwachsene. Entlang des rund vierzig Meter langen Scheunengebäudes wachsen Bäume, Blumen und Sträucher in einem idyllischen Garten, der die Gäste zum Verweilen einlädt.

Opas Scheune mit neuem Geist – ein Kindheitstraum wird wahr
Gastgeberin Melanie Thoma empfängt mich mit einem strahlenden Lächeln und wir steigen sofort ins Gespräch ein. Sie nimmt sich viel Zeit, um meine dringendste Frage zu beantworten. Wie fing das mit dem Friz eigentlich an?
Schon als Kind tobte Melanie in der Scheune ihrer Großeltern und träumte davon, was man aus diesem Ort alles machen könnte – sogar die Idee eines Hotels geisterte ihr damals schon durch den Kopf. Jahre später bekam sie die Chance, die Scheune von Opa Friz – daher der Name – aus einem längeren Dornröschenschlaf zu erwecken. Melanie und ihr holländischer Mann, Ron, haben schon in Basel erste Erfahrungen als Gastgeber:innen gemacht und mochten als kommunikative Menschen den Kontakt zu den Gästen sehr. Für Ron als Kosmopolit bot sich so die Möglichkeit, die Welt zu sich nach Hause einzuladen.
Natürlich war der Umbau ein riesiges Projekt, aber die Vision war klar: Hier sollte etwas ganz Besonderes entstehen. Und so verwandelte sich die alte Scheune mit Hilfe talentierter Bauleiter:innen in ein architektonisches Juwel – ein Ort, der Familiengeschichte, modernes Design und große Herzlichkeit harmonisch vereint.
Die alte Tenne, in der sich meine Ferienwohnung (Friz 5) befindet, hat circa fünf Meter hohe Decken, da hier früher das Heu gelagert wurde. Das traumhaft gemütliche Bett steht etwas erhöht, so dass man durch die großen Fenster in den Garten blicken kann und sich schlagartig wohlfühlt.





Die rohen Sichtbetonwände korrespondieren mit den alten Holzbalken, den freigelegten Natursteinmauern und dem unglaublich modernen und eklektischen Einrichtungsstil. In „meinem” Loft hängt ein historisches Holzkanu aus England inklusive Paddel an der Wand – als wäre es das Normalste der Welt. Dabei war Melanie sich anfangs alles andere als sicher, als Ron verkündete, er habe ein Kanu als Deko gekauft. Doch Ron hatte wie immer ein untrügliches Gespür: Das Kanu würde sich perfekt in das Design einfügen – und genau das tut es auch und trägt so zum einzigartigen Charakter des Friz bei.
Jede der acht Ferienwohnungen ist eine Oase der Ruhe und ganz individuell und hochwertig ausgebaut mit modernen Bädern und Küchen. Natürlich gibt es guten Tee, frisches Wasser, jede Menge Gewürze und kompostierbare Kaffeekapseln für die Gäste als Grundausstattung. Vor Ort gibt es zudem einige Bäckereien und Supermärkte, einen Bioladen und zwei Restaurants für einen angenehmen Selbstversorger-Urlaub.


Foodies herzlich willkommen!
Wer in der gemütlichen Küche kochen will, dem liefert das Kochbuch Schwarzwald reloaded IV tolle vegetarische Rezepte. Das Buch ist komplett im Friz entstanden. Die köstlichen Rezepte wurden alle vor Ort gekocht und fotografiert.

Ich lerne Ron persönlich kennen, während er gerade ein köstlich duftendes Linsen Dal für die morgigen Seminargäste zubereitet – eines seiner Signature Dishes. Ron ist kein gelernter Koch und Melanie kommt nicht aus der Hotellerie. Aber sie haben beide viel Erfahrung mit großen Projekten gesammelt; Ron hat als Designer große Messen gestaltet und Melanie arbeitete lange bei Vitra als Projektmanagerin. Und während Ron schon in London und Singapur gelebt hat, ist Melanie verwurzelt in der Region. Diese außergewöhnliche Mischung spiegelt sich im Friz wider. Sie sind ein einzigartiges Team und hervorragende Gastgeber, weil sie authentisch sind und lieben, was sie tun. Und ihre humorvolle und offene Art, mit den Dingen umzugehen, ist sicherlich eines der Geheimnisse ihres Erfolgs.
Vor dem Umbau hatten sie sich natürlich Rat von Profis geholt, aber sich auch vieles selbst beigebracht und auf eigene Reiseerfahrungen zurückgegriffen. Das Friz hat als Unterkunft gleich gut funktioniert, da eine gelungene Symbiose zwischen urbanem Ambiente und naturnaher Umgebung in der Region noch fehlte. Die vielen zufriedenen und wiederkehrenden Gäste seit der Eröffnung 2017 bestätigen das.
Die Unterkunft eignet sich für Kreative, Familien und Naturliebhaber:innen gleichermaßen. Kinder können im Garten spielen und vor der Haustür beginnen schöne Rad- und Wanderwege. Ausflüge zum Kaiserstuhl, in den Schwarzwald, nach Basel oder Frankreich bieten sich an.


Ein neuer Kreativraum für Alle
Da Melanie und Ron immer voller Ideen sind, gibt es seit diesem Jahr eine spannende Ergänzung zu den bestehenden Ferienwohnungen. Ein energieeffizienter Neubau, der als lichtdurchfluteter Tagungsraum genutzt werden kann. Der ideale Rahmen für Seminare, Workshops, Fotoshootings und Team Events für bis zu fünfzehn Personen. Das sogenannte Art Apartment (Friz 8) überzeugt mit einer offenen Küche inklusive langem Esstisch, einem hohen Raum mit eingezogener Zwischen-Empore und einer gemütlichen Leseecke als Rückzugsort. Zwei Schlafzimmer und zwei Bäder sorgen für zusätzlichen Komfort, während die sonnige Terrasse viel Freiraum für neue Ideen bietet.
Der Seminarraum ist bestens ausgestattet mit Whiteboards, Moderationsmaterial und einem großen Bildschirm für Präsentationen. Hier kann man ungezwungen zusammen tagen und brainstormen. Das Ambiente ist ein gelungener Mix aus professionellem Setting und gemütlicher WG-Küche. Apropos, bei Bedarf gibt es ein kleines Catering mit leckeren Getränken, Obst, frischen Brezeln, selbstgebackenem Kuchen und Rons Lieblingsgerichten, die er auf seinen Reisen kennengelernt hat.
Köstlicher Kaffee und Designobjekte „to go“
Der Neubau ist ähnlich wie das ganze Haus gleichzeitig auch ein Ausstellungsraum. Denn alles, was hier steht, kann man kaufen. Das Bildnis eines Nilpferdes mit lackierten Zehennägeln betrachtet amüsiert die Szenerie. Ron hat es von einem befreundeten Künstler. Dieses Bild ist wandfüllend und passt unglaublich gut in den Raum. Aber Ron macht sich keine Sorgen um den adäquaten Ersatz, wenn es jemand kauft. Seine Sammelleidenschaft begleitet ihn schon seit seiner Jugend und regelmäßig surft er auf seinen Lieblingsinterieurseiten und findet immer wieder Außergewöhnliches. Samstags ist auch das Ladenlokal für Interessierte geöffnet und es gibt köstlichen Kaffee aus der ebenfalls kultigen Faema E61 Maschine.


Oft können vor allem die Gäste nicht widerstehen und nehmen sich ein Stück Friz mit nach Hause. Und auch ich ertappe mich dabei, wie ich mit dem ein oder anderen Fundstück liebäugle. Seien es die gerahmten Rollplakate englischer Linienbusse, die ausdrucksstarken Fotografien oder das patinierte Spielzeug – jedes mit seiner eigenen Geschichte. Diese besonderen Stücke würden einen zu Hause nicht nur an diesen wundervollen Ort erinnern, sondern auch daran, Dinge auch mal anders zu betrachten.
Ich plane schon vor der Abreise meinen nächsten Besuch, um auch noch mehr das Umland zu erkunden. Fürs erste bedanke ich mich bei Melanie, Ron, ihrer Tochter Izzy und Katze Mimi für die unglaublich schöne Unterkunft, reichlich Inspiration und die herzliche Gastfreundschaft. So voller „Einfach machen-Gefühl„ bin ich selten von einer Reise zurückgekommen.

Tipps für einen nachhaltigen Städtetrip nach Freiburg
Die vielen Radwege und Grünflächen, der Fluss Dreisam und die sogenannten Bächles – kleine Wasserrinnen, die seit dem Mittelalter durch die Stadt führen – sorgen für die hohe Freiburger Lebensqualität. Als Green City ist Freiburg zudem durch die ökologische Ausrichtung bekannt, die sowas wie gesamtstädtischer Konsens seit den siebziger Jahren ist.
- Im Stadtteil Vauban ist es sogar noch etwas grüner. Die Fassaden der Niedrigenergiehäuser sind bewachsen, Bioläden, bunte Spielplätze, viele Fahrräder und Solaranlagen machen Vauban zum Vorzeigeobjekt nachhaltigen Städtebaus. Im Restaurant Süden sitzen Touristen und Einwohner gemütlich zusammen.
- Das relativ neue Café Alma am Rande des hübschen Wiehre-Viertels setzt auf Selbstgemachtes und Vegetarisches. Unweit am Johannesplatz gibt es einen schönen Laden für fairen Bio-Kaffee namens Elephant Beans.
- Besonders hübsch ist die geschwungene Konviktstraße in der Freiburger Altstadt mit ihren schmalen Stadthäuschen und begrünten Fassaden. Hier gibt es schöne Boutiquen und Galerien. Im winzigen Strass Café gibt es Vintage Schmuck, hervorragenden Kaffee und Käsekuchen.
- Das Sedanviertel hinter der Unibibliothek liegt unmittelbar an der berühmten Wiwili-Fahrradbrücke – über die täglich bis zu 8000 Fahrräder rollen. Hier tummeln sich einige Cafés, ein guter Unverpackt-Laden und Yogastudios.
- Die Trotte Weinbar in Klein-Venedig mit der äußerst ansprechenden Karte war restlos ausgebucht – also unbedingt vorab reservieren. Die schöne Stadt im Dreiländereck ist immer gut besucht!
© Fotos: Jigal Fichtner, Peter Fränsemeier, Isabela Campos, Levgen Lompei, Geraldine Voss
Geraldine Voss
Geraldine arbeitet als freie Autorin für Good Travel und hat gerade eine Ausbildung zur Nachhaltigkeitsmanagerin absolviert. Nach zwanzig spannenden Jahren beim Film, widmet sie sich jetzt hauptberuflich ihren anderen Leidenschaften – Reisen, Essen und Design.
Elisabeth Klein-Altstedde
Ich kenne Freiburg sehr gut.
Doch was Geraldine da für eine Entdeckung gemacht hat ist außergewöhnli.
Bin vollkommen begeistert.
Danke 😀