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Ferien im Baudenkmal

Ferien im Baudenkmal

Die Stiftung Ferien im Baudenkmal setzt sich für einen sinnvollen und nachhaltigen Erhalt historisch wertvoller Häuser in der Schweiz ein und sieht sich als Schnittstelle zwischen einem sanften Tourismus und einer bedachten Denkmalpflege. Seit 2005 konnte die Stiftung über 50 Baudenkmäler renovieren und dabei den Gedanken des Heimatschutzes und der Bewahrung regionaler Geschichten und Traditionen verfolgen.

Nancy Wolf, die bei Ferien im Baudenkmal für Marketing & Kommunikation zuständig ist, beantwortet uns einige Fragen zur Stiftung und deren Verständnis von Nachhaltigkeit:

Nancy Wolf

Was hat Sie dazu bewegt, die Stiftung Ferien im Baudenkmal ins Leben zu rufen?

In der Schweiz findet man die unterschiedlichsten Baudenkmäler auf kleinstem Raum: traditionelle Bauernhäuser, Bürgerhäuser, Zeugen der Industrialisierung sowie einzigartige Beispiele moderner Architektur. Wir erachten Baudenkmäler als wichtige Bestandteile intakter Ortsbilder und Landschaften, denn sie konservieren Geschichte und schaffen Identität. Da sie den heutigen Wohnanforderungen aber häufig nicht entsprechen, sind sie oft bedroht.

Für ihren Erhalt sind deshalb nachhaltige Nutzungsformen gefragt. Aus dem Grund hat der Schweizer Heimatschutz, der sich seit 1905 für das gebaute Kulturerbe einsetzt, im Jahr 2005 die Stiftung Ferien im Baudenkmal ins Leben gerufen. Als Stiftung konnten wir seither über 50 Baudenkmäler vor dem Verfalls, Abriss oder Leerstand retten und viele Eigentümer:innen historischer Objekte dabei unterstützen ihre Häuser nach unserem Vorbild instand zustellen.

Eichhölzli
Haus Tannen

Wie kommen Sie an die leerstehenden Häuser, die vor einem Abriss oder Zerfall stehen und wie sieht der weitere Prozess bis hin zum fertig restaurierten Objekt aus?

Seit unserer Gründung konnten wir eine große Bekanntheit in Denkmalschutz- und Architektur-Kreisen aufbauen. Außerdem erhalten wir regelmässig Anfragen von Personen, die gefährdete Objekte bei uns melden oder selbst ein Baudenkmal besitzen, das sie mit unserer Hilfe restaurieren und/oder vermieten möchten. Jedes Baudenkmal wird individuell von uns begutachtet und gemeinsam mit den Eigentümer:innen entschieden, wie es in unser Sortiment aufgenommen oder ob eine andere Lösung für den Erhalt gefunden werden kann. Dieser Prozess ist nicht zu unterschätzen. Es liegen jeweils mehrere Jahre zwischen der Meldung eines Baudenkmals, der Finanzierung und Instandstellung bis zu dessen Aufschaltung in unser Angebot.

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Taunerhaus Vinelz vorher
Taunerhaus Vinelz renoviert
Taunerhaus Vinelz nachher

Inwiefern passen für Sie Nachhaltigkeit und Tourismus zusammen?

Nachhaltigkeit ist für uns ein wichtiges Thema. Die Baubranche trägt durch den häufigen Abbruch bestehender Bausubstanz und Neubauten viel zur hohen Umweltbelastung bei. Wir hingegen verlängern mit dem sinnvollen Erhalt der Häuser ihren Lebenszyklus und schonen Ressourcen, indem wir Bestehendes renovieren und ergänzen, beispielsweise aus Bauteillagern.

Auch ist es uns ein Anliegen, wann immer möglich mit Architekt:innen und Handwerker:innen aus den jeweiligen Regionen zusammenzuarbeiten. Auf diesem Weg wollen wir dazu beitragen, alte Handwerkstechniken und -Wissen am Leben zu erhalten. Unsere Gästebetreuer:innen und Hauswartinnen:innen gehören zur lokalen Bevölkerung. Uns ist es wichtig, alle Beteiligte in unser Konzept zu integrieren, denn nur mit der Unterstützung und Akzeptanz aller können wir erfolgreich sein.

So ist auch unser Ansatz dem Tourismus gegenüber. Wir bringen sanften Tourismus in die Regionen und ermöglichen unseren Gästen durch die Architektur einen Zugang zur lokalen Geschichte und Bevölkerung.

Unterscheiden sich die Häuser optisch, von der Philosophie oder vom Standard her? 

Unser Ziel ist es, unseren Gästen die ganze Bandbreite der Schweizer Baukultur erlebbar zu machen. Aktuell ist unser ältestes Baudenkmal ein mittelalterlicher Strickbau aus dem 13. Jahrhundert, das modernste eine Stadtwohnung aus den 1930er-Jahren im Bauhausstil. Dazwischen liegen mehr als 700 Jahre Baugeschichte. Somit unterscheiden sich die Häuser optisch sehr. Diese Diversität möchten wir auch aufzeigen.

Das Erlebnis, eine Woche in einem mittelalterlichen Holzhaus mit hohen Türschwellen und einem Kachelofen als Heizung zu verbringen, ist ein anderes als in einer pompösen Jugendstilvilla mit Deckenstuckatur oder einem rustikalen Steinhaus. Gemein haben alle Häuser, dass sie mit modernen Küchen- und Badezimmern ausgestattet sind. Eingerichtet werden sie mit qualitativ hochwertigen Möbeln und Schweizer Designklassikern. Den Mix aus historischer Bausubstanz und zeitgenössischer Möblierung schätzen unsere Feriengäste sehr.

Türalihus Valendas
Türalihus Valendas vorher
Türalihus Valendas
Türalihus Valendas nachher

Unsere Gäste sind Architekturliebhaber:innen und designaffine Menschen

Wer sind die Gäste Ihrer Häuser und was fasziniert diese daran?

Unsere Gäste sind Architekturliebhaber:innen und designaffine Menschen, die Wert auf einen nachhaltigen Umgang mit bestehender Bausubstanz legen sowie den sanften Tourismus suchen. Sie verbringen ihre Ferien bei uns in erster Linie wegen dem Erlebnis Baudenkmal. Sie finden während ihrem Aufenthalt in unseren Häusern Entschleunigung und Authentizität. Viele unserer Baudenkmäler liegen zudem abgelegen in der Natur. Das bietet zusätzlich die Möglichkeit sich im Freien zu bewegen und ausgehend von den Baudenkmälern die Region zu erkunden.

Wo möchte die Stiftung in 5-10 Jahren stehen?

Wir hoffen, bis dahin noch viele weitere Baudenkmäler gerettet und für unsere Gäste erlebbar gemacht zu haben. Wir wünschen uns, dass sich durch unsere Arbeit das Bewusstsein für den Schutz und den sinnvollen Erhalt historischer Häuser verankert.

Liebe Frau Wolf, vielen Dank für den spannenden Einblick.

Good Travel Places

Diese drei Unterkünfte der Stiftung Ferien im Baudenkmal zeigen die Besonderheit, wenn ursprüngliche Architektur mit einem modernem Designansatz zusammengebracht werden.

MAISON HEIDI IN SOUBOZ

Im Maison Heidi trifft französische Gastfreundschaft auf schweizer Alpenflair. Die Stiftung hat das Haus auf Bitten der ehemaligen Besitzer vor dem endgültigen Verfall nach fast achtzig Jahren Leerstand gerettet. Gebaut wurde das Bauernhaus bereits 1684 und nach aufwändigen Renovierungsarbeiten konnte es 2022 wiedereröffnet werden. Gäste genießen das Leben in einem Bergdorf (fast) wie vor vierhundert Jahren. Morgens werden sie von Kuhglocken geweckt und können einem magischen Sonnenaufgang erleben.

Maison Heidi in Souboz
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TÜRALIHUS IN VALENDAS

Das Türalihus ist ein historisches Bürgerhaus. Ursprünglich im Jahr 1485 als Bauernhaus erbaut, entwickelte es sich im Lauf der Zeit und mit wachsendem Vermögen der Eigentümer zu einem herrschaftlich barocken Bürgerhaus. Das in der Region einzigartige turmartige Treppenhaus wurde im 17. Jahrhundert ergänzt (Türali = Türmchen) und verlieh dem Haus seinen Namen. Um das Dorf wiederzubeleben und die stetige Abwanderung aufzuhalten, bat das Dorf Valendas die Stiftung um Unterstützung.

Türalihus Valendas
Türalihus Valendas innen
Türalihus Valendas Badezimmer

Taunerhaus in Vinelz

Das Taunerhaus, das 1850 als Kleinbauernhaus erbaut wurde, erhielt seinen Namen von seinen ehemaligen Bewohner:innen: Bis ins neunzehnte Jahrhundert wurden in der Schweiz Kleinbauern „Tauner“ genannt, abgeleitet von Tagelöhner, die im Gegensatz zu den reichen Großbauern zur armen Unterschicht gehörten. Deren Landwirtschaftsbetriebe waren so klein, dass die Einkünfte für die eigene Familie nicht ausreichten, aus diesem Grund arbeiteten sie zusätzlich als Tagelöhner für Großbauern oder die Kirche. Da das Haus in unmittelbarer Nähe zur mittelalterlichen Kirche liegt, geht man davon aus, dass es von der Kirche verpachtet wurde.

Taunerhaus
Taunerwald Küche
Taunerhaus Badezimmer

© Fotos: Stiftung Ferien im Baudenkmal / Gataric Fotografie

Cécile ist freie Autorin und Nachhaltigkeitsstrategin. Sie genießt das Reisen in vollen Zügen: Verschiedene Kulturen kennenzulernen, anderen Sprachen zu lauschen und dabei entweder am Meer oder in einer (Groß-)Stadt Neues zu entdecken, fasziniert sie immer wieder. Besonders liegen ihr die Geschichten und Intentionen der Good Travel Gastgeber:innen am Herzen.

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