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Opener Trullidörfer via Unsplash

Die Kuppel-Architektur der italienischen Trulli-Dörfer

Die Region Apulien befindet sich im Südosten Italiens und bildet den „Absatz“ der stiefelförmigen Halbinsel. Neben traumhaften Küsten und sanften Hügellandschaften gibt es in der Region eine apulische Besonderheit zu entdecken, die man so vielleicht nicht in Italien vermuten würde.

So mag so manch eine:r vom Anblick eines sogenannten „Trulli“-Dorfs überrascht sein: Hier stehen zahlreiche Steinhäuser, die eine zipfelförmige Architektur aufweisen. Die traditionellen Steinhäuser (im Singular: „Trullo“, aus dem altgriechischen Wort „τρούλος“ für „Kuppel) Häuser blicken dabei auf eine lange Geschichte und Tradition in der Region zurück.

Die Trullihäuser weisen eine zipfelförmige Architektur auf / Foto via Unsplash

Die zeitlosen Trulli-Dörfer des Itria-Tals

So geht die Geschichte der ältesten Trulli auf das 16. Jahrhundert zurück. Ein typisches Trullo ist ein Kraggewölbebau aus Trockenmauerwerk, bei dem auf den Einsatz von Mörtel vollends verzichtet wird. Weißgetünchte Wände und dunkle Bruchsteindächer geben den Trulli ihr typisches Aussehen. Heute finden sich die außergewöhnlichen Häuschen neben Alberobello, unweit der Metropolenstadt Bali, auch in nahegelegen Dörfern wie Locorotondo, Martina Franca und Cisternino. Allein in Alberobello finden sich mehr als 1.500 fast perfekt erhaltene Trulli-Häuser.

Eine gewitzte Bauweise, die Steuern spart

Grund für die große Beliebtheit der Bauten war dabei zum einen der Überfluss an Steinen in der Region, die man für den Bau benötigte und zum anderen die besondere Trockenmauer-Bauweise. Denn dank dieser speziellen Bauweise ohne Mörtel war es vergleichsweise einfach, die Häuser wieder abzubauen. Eine Maßnahme, die vermutlich auf eine Täuschung zurückzuführen ist. Als der Graf Giangirolamo II. Acquaviva d’Aragona im 17. Jahrhundert den Bau der Trulli-Häuser im großen Stil beauftragte, wollte dieser vor allem Steuern sparen. So forderte er die Bevölkerung auf, ohne Zement und Mörtel und nur mit Stein zu bauen. Das hatte den Vorteil, dass man im Falle einer königlichen Inspektion die Häuser ganz einfach wieder abbauen und später wiederaufbauen könne. So sparte der Graf auf gewitzte Weise Steuern einsparen, die das Königreich von Neapel damals auf den Bau neuer Kolonien erhob.

Ein Dorf, mit gut erhaltenen Trulli-Häusern

Im Sommer angenehm kühl, im Winter lange warm

Besonders ist außerdem, dass sich zwischen den Innen- und Außensteinwänden der Häuser ein Hohlraum befindet, der typischerweise mit Erde und Steinen gefüllt ist. Diese Bauweise sorgt dafür, dass in den Trulli ganzjährig ein angenehmes Klima herrscht. Im Sommer bieten die dicken Wände aus massivem Naturstein und die winzigen Fenster einen ausreichenden Schutz gegen die Hitze Apuliens. Im Winter bleibt es lange angenehm warm. Dank dieser optimalen Thermoregulierung kann man auch heute in den Trulli auf den Einbau einer umweltschädlichen Klimaanlage verzichten.

Auch die Dächer überzeugen mit einer ausgeklügelten Bauweise aus zwei Schichten. So besteht die Innenverkleidung namens „Chianche“ aus Kalksteinplatten , die kreisförmig angeordnet sind und mit einem Stein abgeschlossen werden. Die äußere Verkleidung besticht aus undurchlässigen, kleinen „Chiancarelle“-Platten, die einen Kegel bilden. Von dem Dach ragt ein Gesims hervor, das in der Lage ist, Regenwasser in den umliegenden Zisternen zu sammeln. Ein weiterer Beleg dafür, dass die „Mastri Trullari“ – die Baumeister, die für die Errichtung der Häuser zuständig sind und die ihr Wissen von Generation zu Generation weitergeben – stets im bewussten Einklang mit der Natur leben.

Egal, ob als Wohnhaus oder Unterschlupf für landwirtschaftliche Geräte und Tiere – die Trulli wurden auf dem Lande lange Zeit auf vielfältige Art genutzt. Dabei thronen über den Kuppeln der Dächer oftmals dekorative Zinnen, die dafür sorgen sollen, böse Geister und negative Energien fernzuhalten. Manche Dächer wurden überdies mit religiösen oder traditionellen Symbolen aus weißer Asche bemalt.

Die Dächer werden oftmals mit dekorativen Zinnen versehen
Blick auf das Trullo vom Borgo Fianco a Fianco

Ein UNESCO-würdiges Beispiel für spontane Architektur

Als „außergewöhnliches Zeugnis für Trockensteinbauten“ und Beispiel für „spontane Architektur“ gehören die Trulli-Häuser von Alberobello seit nun 25 Jahren zum UNESCO-Weltkulturerbe. Seither genießen die einstigen „Arme-Leute-Häuser“ wieder mehr Ansehen. Viele Italiener:innen haben das Potenzial der wundersamen Häuser wieder für sich entdeckt. Aneinandergereiht und miteinander verbunden werden die Trulli heute wieder vermehrt als Wohnhäuser genutzt und teilweise sogar als Ferienwohnungen vermietet.

Borgo Fianco a Fianco: Nachhaltig übernachten in einem Trulli-Haus

So auch das „Borgo Fianco a Fianco“. Die Gastgeber haben das Gebäude zu einer luxuriösen Ferienvilla mit mehreren Ferienwohnungen, darunter auch zwei Trulli, umgenutzt. Mit Meerblick und einem großzügigen Außenbereich samt Zisterne, in der man sogar baden kann, lässt sich hier ein zauberhafter Urlaub mit den liebsten Freund:innen und der Familie in ganz besonderer Atmosphäre verbringen.

Mehr Informationen zum Borgo Fianco a Fianco

Detailaufnahme Borgo Fianco a Fianco
Einblick in das Zimmer "Rustico"
Einen Sundowner im Borgo Fianco a Fianco genießen

Albergo Diffuso: Besuch eines „zersplitterten Hotels“

Ein weiterer idealer Ausgangspunkt, um eines der verschiedenen Trulli-Dörfer zu besuchen ist auch das „Albergo Diffuso“ in Locorotondo. Die einzelnen Unterkünfte verteilen sich wie eine Art „zersplittertes Hotel“ über die malerische Altstadt von Locorotondo. Die Gastgeber:innen nutzten die Leerstände des Dorfes sinnvoll um, indem sie den Unterkünften wieder Leben eingehaucht haben. Heute kann man hier die Gemütlichkeit eines eigenen Zuhauses zusammen mit den Annehmlichkeiten eines Hotels genießen.

Ein Besuch eines der Trulli-Dörfer ist auf jeden Fall empfehlenswert. Hier scheint es beinahe so, als wäre man hier in der Zeit stehen geblieben. Das Schöne: Die Trulli-Dörfchen befinden sich nur wenige Kilometer voneinander entfernt. So kann man innerhalb kürzester Zeit problemlos allen Dörfern einen Besuch abstatten. Mehr Zeit lässt sich natürlich immer verbringen. Es macht jedenfalls großen Spaß, während des Urlaubs in das authentische Dorfleben Apuliens mit dieser besonderen Geschichte einzutauchen.

Mehr Informationen zum Albergo Diffuso

Einblick in das Zimmer "Fontanella"
Der Essbereich im Albergo Diffuso
Ausblick vom Albergo Diffuso

Lisa hat den Good Travel Blog mit aufgebaut und schreibt zukünftig als freie Autorin für uns. Sie reist und tanzt mit einem geringen ökologischen Fußabdruck leidenschaftlich gern um die Welt.

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