72 Stunden Erholung ohne Internet: Das Hofgut Hafnerleiten
Zeit für “Hofgut”! In der Nähe von Bad Birnbach in Niederbayern befindet sich das Hofgut Hafnerleiten. Zehn Themenhäuser bieten ein Einraum-Wohnkonzept in der Natur. Ich durfte in das „Wasserhaus“ einziehen. Über einen kleinen Steg erreichte ich den Wohn(t)raum, bei dem natürliche Materialien wie Holz zum Einsatz kamen. Der lichtdurchflutete Unterkunft ist mit einer Teeküche, einem Kamin und einem eigenen Brunnenwasser-Zugang ausgestattet und bietet neben einem großen Bett, einer Fensterbank auch eine freistehende Badewanne. Eingebettet in Wiesen und Felder, umgeben von Bäumen und Teichen heißt es jetzt: Ankommen und entspannen!
Abgeschnitten von der Außenwelt als Chance den Blick nach innen zurichten
Und das ohne Internet und ohne wirklichen Kontakt zur Außenwelt. Denn die Unterkunft befindet sich in einem Funkloch. Ja, so etwas gibt es immer noch und genau das haben sich die Gastgeber des Hofgut zu eigen gemacht. Aus den Umständen wurde ein Konzept, das hervorragend zu ihrer Intention der Entschleunigung passt. Die einzelnen Häuser selbst verfügen über kein WLAN, nur im Haupthaus gibt es eine Internetverbindung. Zugegebenermaßen musste ich mich erst einmal darauf einlassen.
Als Alleinreisende bedeutet das im Konkreten, dass ich nach dem gemeinsamen Abendessen, das um circa 21 Uhr beendet war, in mein Haus ging und bis zum nächsten Morgen, also circa 12 Stunden, für mich alleine war. Alleine in einem Haus in der Natur, ohne Kontakt über mein Handy. Ich habe mich unzählige Male während der drei Tage dort ertappt, wie ich immer wieder auf mein Handy schaute und Nachrichten oder Anrufe erwartete, um dann festzustellen, dass wirklich keine Nachricht durchgeht. Das Gefühl erinnerte mich an Silvester, wenn die Funkmasten überfordert sind und man immer wieder hofft, dass die geschriebenen Nachrichten durchgehen, doch leider passiert dies erst Stunden später. So auch im Hofgut, kaum war ich am Vormittag im Haupthaus angekommen, trudelten die Nachrichten und E-Mails ein.
Die Zeit der Stille, nur für mich, bot die Möglichkeit, mich einfach nur mit mir zu beschäftigen, ohne Ablenkung ein Buch zu lesen, jeden Abend ein warmes Bad zu nehmen, meinen Gedanken nachzugehen, endlich meine Jahresziele für 2024 zu verschriftlichen und für mich zu schreiben. Ein wirklicher Wohlgenuss. Bei dem ich gar nicht wusste, dass ich ihn vermisste.
Ein typischer Tag im Hofgut
Am Morgen steht ein Frühstückskorb vor dem Haus. Hierfür wurde am Vortag mit den Mitarbeitenden besprochen, was serviert werden darf: ob Rührei oder ein hart gekochtes Ei, ob man den Filterkaffee lieber mit Kuh- oder Hafermilch trinken möchte und ob man das hauseigene Porridge probieren will (die Antwort muss Ja lauten!). Das Frühstück wird dann gemütlich vom Bett aus oder an den verschiedenen Sitzgelegenheiten genüsslich verzehrt. Und eben ohne sich für das Frühstücksbuffet fertig zu machen, einfach entspannt im Schlafanzug oder im Bademantel, im Sommer natürlich auch auf der eigenen Terrasse.
“LUXUS IST ES, BARFUSS ZU FRÜHSTÜCKEN.” – Gastgeberin Anja Horn-Rückerl
Im Anschluss kann man einen Spaziergang durch die Natur machen oder eine Massage buchen. Wer etwas mehr erleben will, unternimmt einen Ausflug in die nicht weit entfernten Städte Landshut, Burghausen, Regensburg oder Salzburg. Eine finnische Sauna mit Blick auf den Naturbadeteich wird nach Absprache täglich ab 12 Uhr mittags angeheizt und ein benachbarter Ruheraum kann zum Lesen und Abkühlen genutzt werden. Nachmittags wird Kaffee und Kuchen im Haupthaus serviert. Am Abend starten die Gäste mit einem täglich wechselnden Apero und einem anschließenden Drei-Gänge-Menü. Das Konzept besteht darin, dass jeden Abend ein Menü serviert wird, das täglich frisch aus regionalen und saisonalen Lebensmitteln zubereitet wird. Die gesunde und ehrliche Küche lässt den Tag hervorragend in guter Gesellschaft an einer langen Tafel beenden. Bevor es ins Traumland ging, habe ich mir auf jeden Fall noch ein wohliges Bad gegönnt.
Italienischer Flair in der niederbayerischen Toskana
Gastgeber Erwin Rückerl hat lange in Sardinien gelebt und gearbeitet und sich, wie sollte es auch anders sein, in das italienische Feeling verliebt. Genau dieses wollte er im Hofgut integrieren. Aus diesem Grund findet das Abendessen der Gäste gemeinschaftlich an einer großen Tafel statt. Serviert werden drei Gänge, welche die mediterrane Küche widerspiegeln. An den Abenden, die ich im Hofgut verbrachte, wurde unter anderem Couscous-Salat, ein vegetarisches Gulasch mit Polenta und Zanderfilet auf einem Gemüsebett aus Fenchel und Romanesco serviert. Die Grissini werden selbst gerollt und hergestellt und schmecken zum Apero hervorragend.
Wenn die Gäste am Abend lieber unter sich bleiben möchten, können sie das Abendessen in ihrem Haus einnehmen. Der Apero wird im Haupthaus serviert, hier steht dann auch ein Korb bereit, in welchem sich Vor- und Nachspeise befinden, die mit in die Unterkunft genommen werden können. Das Hauptgericht wird warm zum Haus geliefert.
Der Gastgeber gibt Koch- und Barristakurse
Die Gäste können beim Gastgeber ebenfalls Koch- und Barristakurse belegen. Erwin Rückerl gründete 1999 die erste Kochschule Niederbayerns und steht bis heute gerne in der Küche, auch wenn er dafür heute Unterstützung vom jungen Koch Simon und Team bekommt. Nachdem die Kochschule ein Erfolg war und Gäste nach einem langen geselligen Abend oft den Wunsch äußerten, dass sie jetzt am liebsten noch dort übernachten würden, entstand die Idee, eine Unterkunft entstehen zu lassen. Hierbei wollte Familie 2005 kein weiteres typisches Kurhotel schaffen, wie es sie ausreichend in der Region gibt, sondern einen anderen Weg einschlagen: Nachhaltige Materialien, ein autarkes Stromkonzept und in völliger Ruhe dürfen Gäste hier mindestens drei Nächte, also 72 Stunden, verbringen. Die Gastgeberfamilie ergänzt sich dabei hervorragend. Gastgeberin Anja Horn-Rückerl übernimmt die Dekoration, während die Tochter Natascha Bier-Tastings und Braukurse anbietet. Im Laufe der Jahre hat sich die Unterkunft um Langhäuser erweitert und auch der Genusshof mit Scheune und Tagungsraum kam hinzu.
Die Unterkunft kann als Kraftort bezeichnet werden, denn hier kommt man wirklich zur Ruhe. Während meines Aufenthalts ist im wahrsten Sinne des Wortes in mir Ruhe einkehrt. In den Gedanken, in mir selbst. Die kompromisslose Entschleunigung schafft Zeit für die eigenen Gedanken und neue Ideen. Endlich Zeit zum Lesen, Kreatives aufzuschreiben und viel zu schlafen. Erholt und mit neuer Kraft hieß es dann: Bis bald liebes Hofgut!
Die Häuschen geben sich zu jeder Jahreszeit ein anderes Gefühl und laden zu anderen Aktivitäten ein. 2025 wird die Unterkunft 25 Jahre alt – Zeit, um mit den (Horn)-Rückerls zu feiern!
© Fotos: Cécile Meier
Cécile Meier
Cécile ist freie Autorin und Nachhaltigkeitsstrategin. Sie genießt das Reisen in vollen Zügen: Verschiedene Kulturen kennenzulernen, anderen Sprachen zu lauschen und dabei entweder am Meer oder in einer (Groß-)Stadt Neues zu entdecken, fasziniert sie immer wieder. Besonders liegen ihr die Geschichten und Intentionen der Good Travel Gastgeber:innen am Herzen.
KOMMENTAR