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Nachtzüge

Beginnt jetzt eine neue Ära der Nachtzüge?

2023 startete der Good Night Train von European Sleeper – ein per Crowdfunding finanzierter Nachtzug, der erstmals von Brüssel nach Berlin fuhr und inzwischen Strecken nach Dresden, Prag und Venedig anbietet. Seitdem hat sich viel getan in der Nachtzug Szene, ein neues Berliner Startup will 2027 sogar Nachtzüge mit ausschließlich privaten Kabinen anbieten, die Reisenden Komfort und Privatsphäre geben und mit Flugpreisen konkurrieren sollen. Steht Europa somit vor einer neuen Ära des Nachtzugreisens?

Von Brüssel bis Berlin

Europas Nachtzugnetz erlebt einen Aufschwung, das steht außer Frage. Neue Verbindungen, moderne Abteile und private Anbieter sorgen dafür, dass Reisen über Nacht wieder attraktiv wird – von Brüssel bis Berlin und bald darüber hinaus.

Der European Sleeper macht es seit einigen Jahren vor: Das Unternehmen wurde 2021 als Genossenschaft gegründet und mittlerweile haben sich über 4.000 Menschen beteiligt und gemeinsam rund 5,5 Millionen Euro eingebracht. Damit gehört das junge Unternehmen zu den wenigen privaten Nachtzugbetreibern in Europa. Das Konzept: einfach, modern und schnörkellos. Der Zug verlässt Brüssel dreimal wöchentlich am frühen Abend, rollt durch Flandern, hält kurz in Amsterdam – und erreicht im Morgengrauen Berlin. Für manche ist das die romantischste Art zu reisen, andere buchen aus Klimaschutzgründen, um die Übernachtungskosten zu sparen oder schlicht, weil der Weg zum Teil des Erlebnisses wird.

Europeen Sleeper

Neue Strecken bis Barcelona

Der wohl größte Wunsch aller Nachtzugfans: mehr Ziele. European Sleeper reagiert auch darauf – und plant ab 2026 eine richtig coole Verbindung: Von Brüssel oder Amsterdam nach Barcelona. Wer in Berlin einsteigt, braucht dann nur zwei Nächte, um über Brüssel bis nach Spanien zu rollen. Auch eine Route nach Mailand ist in Vorbereitung.

Mit drei Klassen – Budget, Classic und Comfort – will der Betreiber für unterschiedliche Ansprüche etwas bieten. Besonders gefragt ist die Comfort-Variante: maximal drei Betten pro Abteil, Waschbecken, gemachte Betten, Handtücher, kleine Extras wie Frühstück und ein Begrüßungsgetränk. Zudem gibt es Frauenabteile und Platz für rund 26 Fahrräder. Einziger Wermutstropfen: Barrierefreiheit fehlt noch.

im Nachtzug

Nox: Nachtzug neu gedacht

Während European Sleeper das klassische Konzept modern interpretiert, geht ein Berliner Start-up noch einen Schritt weiter. Nox will ab 2027 den Nachtzugmarkt verändern – mit einem radikalen Ansatz: ausschließlich private Abteile. Das bedeutet: keine gemischten Liegewagen mit Fremden, sondern durchgehend Rückzugsräume, die eher an kleine Hotelzimmer auf Schienen erinnern.

Das junge Unternehmen setzt dabei auf ein komplett neues Zugdesign und ein Produkt, das gezielt auf Komfort und Privatsphäre ausgerichtet ist. Drei Zimmerkategorien wird es dabei künftig geben: Single Loft Rooms, Double Loft Rooms und Double Vista Rooms. In den Loft Rooms erreichen Reisende die Hochbetten über stabile, ausklappbare Leitern, getrennte Sitzbereiche, große Tische und ausreichend Stauraum sorgen für Komfort. Die Betten sind als Einzel- oder Doppelbett angelegt und vertikal zur Fahrtrichtung ausgerichtet. 

Die Vista Rooms bieten ebenerdigen Zugang zum unteren Bett, flexible Sitzmöglichkeiten durch umklappbare Betten und einen großen Tisch. Besonders das obere Bett ermöglicht einen super Blick direkt aus dem Bett auf die vorbeiziehende Landschaft. Tickets sollen bereits für 79 Euor pro Weg und Nacht verfügbar sein.

Die Zukunft fährt über Nacht

Noch vor wenigen Jahren schien das Kapitel Nachtzug fast beendet. Heute aber entsteht in Europa ein wachsendes Netz mit immer besseren Verbindungen und Konzepten. Wer in den kommenden Jahren durch Europa reist, wird öfter die Wahl zwischen Flieger und Nachtzug haben. Kommen bzw. bleiben die Preise auf einem vernünftigen Niveau (leider immer noch der größte Knackpunkt für viele), könnte die Nachtfahrt für immer mehr Menschen zur ersten Wahl werden.

Was meint ihr: Nachtzug-Reisen – ja oder nein?

mit Nachtzügen unterwegs

© Fotos: unsplash / Platon Matakaev, IMAGO / ANP, unsplash / Flo

Nadine ist freiberufliche Redakteurin und Texterin. Sie lebt in Österreich und pendelt zwischen Salzburg und Wien. Sie ist somit entweder in den Bergen oder im Großstadtdschungel unterwegs, versucht aber gleichzeitig, so viel Zeit wie möglich in ihrem Herzensland Portugal zu verbringen.

4 Comments

  • Ulla Maurer

    Ich bin Mitte der achtziger Jahre regelmäßig mit dem Nachtzug von Frankfurt nach Wien gefahren. Das war bezahlbar und in 8 Stunden komfortabel erreichbar! Leider gibt es in Frankfurt keine Zusteigemöglichkeit und ein Umstieg abends ist oft zeitlich ungünstig.
    Ich verfolge regelmäßig die Neuigkeiten von European Sleeper und auch hier stelle ich fest, dass wir in Frankfurt keinen direkten Zustieg haben. Im Frühjahr werde ich den Test mit der ÖBB über Stuttgart nach Venedig machen!
    Ich hoffe in der Zukunft mehr einen Nachtzug nutzen zu können!

  • Cornelia Banisch

    Ich bin kurz vor dem Corona Shut down mit dem Nachtzug
    Von Hendaye nach Lissabon gefahren… war eher ein Zug nach dem Motto: „Blumen pflücken während der Fahrt verboten“ … teuer und ohne jeglichen Komfort, aber abenteuerlich und man konnte unglaublich günstig im Zugrestaurant essen. Leider gibt es diese Verbindung nicht mehr… wäre schön, wenn es die wieder geben könnte, eventuell mit etwas mehr Luft des nachts im Abteil…

  • Daniel

    Bin vor ein paar Jahren mit dem Nachtzug von München nach Paris gefahren. Für rund 200€ ein eigenes Abteil und Frühstück. Bei Sonnenaufgang ausgeschlafen nach Paris einrollen- ein tolles Erlebnis.

  • Andre

    Da braucht es dann aber deutlich mehr Verbindungen und / oder deutlich günstigere Preise. Wenn ich heute von München nach Barcelona will, bin ich drei Tage mit dem Nachtzug unterwegs ( München Berlin Brüssel Barcelona) im Vergleich zu 90 Minuten fliegen…

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