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Gelassenheit durchs Reisen

INA WO(A)NDERS: Mehr Gelassenheit durchs Reisen?

„Na wie war’s?“ „Die Hölle!“ Besonders auf meinen Reisen zu Wasser kommt es immer mal wieder vor, dass Dinge nicht so laufen, wie ich sie mir vorgestellt habe.

Zum Beispiel vor ein paar Jahren im Mittelmeer. Ich hatte einem Kunden zugesagt, im Herbst für zwei Wochen nach Deutschland zu kommen. Doch als das Datum meiner Abreise näher rückte, lag unser Segelboot noch 300 Meilen von unserem Winterquartier entfernt: wir waren in Griechenland, mein Flug ging ab Sizilien. Und so begingen wir einen fatalen Seglerfehler: wir stachen in See, obwohl die Wettervorhersage nichts Gutes verhieß.

Die ersten 24 Stunden verliefen noch recht ereignislos, dann brach die Hölle los. Wir kämpften uns durch ein Gewitter nach dem anderen, aufmüpfige Wellen warfen uns wie Pogo-Tänzer hin und her, der Wind peitschte aus allen Richtungen und dabei regnete es in Strömen. Schließlich fiel auch noch der Motor aus, weil sich durch die Achterbahnfahrt Ablagerungen im Dieseltank gelöst und unsere Filter verstopft hatten. Zerzaust und nur eingeschränkt manövrierfähig näherten wir uns schließlich Syrakus, wo uns die Küstenwache in die Sicherheit des Hafens eskortierte.

Auf Reisen klappt selten alles wie geplant. In dieser Kolumne philosophiert unsere Autorin Ina über die positiven Seiten von Reisemissgeschicken.

Extremsituationen können uns neu kalibrieren

Eine Woche nach diesem nervenaufreibenden Segeltrip saß ich in Deutschland im Zug fest. „Technische Störung“, lautete die Diagnose. Und während ich es in Deutschlands Zügen im Vergleich zu manch anderen Ländern oft fast schon gespenstisch still finde, kam hier schon bald richtig Stimmung auf. Die einen beließen es bei demonstrativem Schnaufen und Stöhnen, andere teilten ausschweifend ihre schlimmsten Bahngeschichten und ein Herr im nächsten Abteil machte lautstark die Zugbegleiterin zur Schnecke.

Die Stress-Symptome um mich herum erinnerten mich an die Woche zuvor auf hoher See: ständiges auf-die-Uhr-schauen. Sorgenfalten, die sich immer tiefer in die Gesichter graben. Erhöhte Pulsfrequenz. Jammern und Fluchen. Ich hingegen blieb völlig entspannt.

Tschüss Komfortzone: ein Trainingscamp für mehr Gelassenheit

Meine letzte Segelreise hatte mich irgendwie neu kalibriert. Mir geholfen, zwischen echtem Stress (Hilfe, ob wir das hier überleben?) und Alltags-Stress (Vielleicht schaffe ich es nicht rechtzeitig zum Termin!) zu unterscheiden.

Man muss sich allerdings nicht unbedingt in lebensgefährliche Abenteuer stürzen, um anschließend etwas gelassener durchs Leben zu gehen.

Mit jeder Reise wagen wir uns ein Stück aus unserer Komfort-Zone. Unterwegs hören wir fremde Sprachen, essen anderes Essen, müssen uns in einer ungewohnten Umgebung zurechtfinden, treffen auf unvertraute Sitten, Kulturen und Wetterphänomene. Kein Wunder also, wenn bei all der Andersartigkeit nicht reibungslos klappt: wir stranden fernab des Traumstrands, und tappen in Touristenfallen und treten in kulturelle Fettnäpfchen.

What does not kill you makes you stronger

Reisemissgeschicke gehören zum Unterwegssein irgendwie mit dazu – und bleiben oft besonders in Erinnerung. Der Bus, der nie kam und uns zum Trampen zwang. Der Restaurantbesucht, nachdem wir zwei Tage flachlagen. Oder eben 60 Knoten Wind und Angst um Leib und Leben. All diese Geschichten von jenseits unserer Komfortzone werden fester Bestandteil unserer Urlaubserzählungen.

Und im Rückblick können wir sagen: what does not kill you, makes you stronger. Oder zumindest gelassener – davon bin ich nach fast neun Jahren als digitale Nomadin überzeugt. Je öfter ich meine Komfortzone verlasse, desto nachsichtiger werde ich mit der Welt. Lasse auch mal fünf gerade sein, stehe schneller wieder auf auf, streiche mir das zerzauste Haar aus der Stirn und richte mein Krönchen. Denn ich habe gelernt, zu akzeptieren, dass nicht immer alles funktioniert.

 

Was waren eure schlimmsten Reisemissgeschicke – und welche Konsequenzen hatten sie? Habt ihr Tipps für mehr Gelassenheit, unterwegs oder im Alltag? Ich freue mich jederzeit über Feedback, Anregungen oder Fragen – gerne als Kommentar oder direkt per Mail an [email protected].

Hier geht es zu Inas Kolumne.

© Fotos: Pexels / Rachel Claire, Andrew

 

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