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Urlaub in Italien

Italienisches Flair, gutes Essen, grandioser Blick: Cascine Crema

Unsere Gastautorin Anja Dilk ist zu Besuch im Cascine Crema und berichtet über ihren wunderbaren Aufenthalt.

Urs holt aus, tief dringt die Axt in das Holz ein. Nachher ist Pizzaabend. Der Steinofen am Rande des Pools braucht drei Stunden und fünfzig Kilogramm Holz, um heiß zu werden wie ein Fegefeuer. Zeit genug, um die langen Tische aufzuklappen, Tischdecken auszubreiten, Mamorplatten, Nudelhölzer, Pizzabretter und die vielen kleine Teigkugeln bereitzulegen, die Susan am Vormittag geknetet hat.

18.30 Uhr. Der Ofen glüht, die ersten 15 Gäste schlendern mit Tabletts voller Pizzabelag, Wein, Oliven und Brot aus ihren Appartements herbei. „So“, sagt Susan streut ein wenig Mehl auf die Marmorplatte, schnappt sich eine Kugel, waller, waller, Sauce drauf, Belag drüber, ab aufs dünne Pizzabrett. „Dann geht ihr zu Urs am Ofen, okay?“

Es duftet nach Lorbeerhecken, Tomatensugo und knusprigem Teig. Der Himmel hinter dem Pool leuchtet violett, weit reicht der Blick über die Hügellandschaft des Piemont. Die Gäste prosten sich mit Rotwein zu, Susan lächelt. „Herrlich, nicht?“

Pizzateig
Pizza-selber-machen
Unterkunft mit Pizzaofen
Piemont

Zu Besuch bei Freunden

Die Casine Crema im Piemont ist wie ein zweites Zuhause. Individuell handmade statt Einrichtung von der Stange, empfangen von Gastgeber:innen statt von Hotelmanager:innen: Urs und Susan von Arx. „Wir wollen keine Servicekräfte sein, sondern freundschaftliche Urlaubsbegleiter“, sagt Susan. Mal organisiert sie gemeinsame Tripps zum nahen Meer, mal eine Stippvisite beim Winzer. Egal ob am wöchentlichen Pizzaabend oder beim Acht-Gänge-Menü am Pool, gekocht von einer befreundeten Köchin aus der Region, immer sitzen Susan und Urs mit am Tisch, ein Repertoire an spannenden Geschichten über die Region im Gepäck.

Unterkunft-im-Piemont
5 Gänge Menü
5 Gänge Menü am Pool

Auswandern ins Weltkulturerbe Piemont

2002 hat das Schweizer Paar das Gehöft gekauft. Sie strategische Planerin bei einer Werbeagentur, er Projektleiter in einer IT-Firma. Als die Kinder kamen, entschieden sie: Wir wollen mehr Zeit für die Familie haben. Aber die Arbeitszeit reduzieren in der teuren Schweiz? Kaum möglich. „Wir ziehen ins Piemont“, entschieden Urs und Susan. Seit 1994 hatten sie dort ein Ferienhaus, begeistert vom guten Essen, der tollen Landschaft, und einer Region, die längst nicht so überlaufen ist wie die Toskana und doch Weltkulturerbe. „Das Piemont ist ein 6er im Lotto“, sagt Susan. „Wir waren sicher: Hier gibt es eine Nachfrage für schöne Unterkünfte.“ 2003 packen Susan und Urs die Koffer und wandern mit ihren zwei kleinen Töchtern aus.

Sechs Kilometer oberhalb des Städtchens Cortemilla liegt der alte Bauernhof, eine Gruppe Natursteinhäuser, umgeben von Weinbergen, Wäldchen und Haselnussplantagen. Wo einst drei Dutzend Menschen in einer blühenden Wirtschaftsgemeinschaft lebten, wohnten Anfang der Nuller Jahre Cousin und Cousine, die alten Erben des verfallenden Hofes ihrer Familie. Sie heizen mit Holzöfen, ernähren sich weitgehend von dem kleinen Acker hinter dem Haus. Immerhin Strom gibt es schon.

Cascine-Crema
Cascine-Crema

Susan und Urs machen aus Stallungen und Wirtschaftsräumen Ferienwohnungen. Noch heute heißen sie nach ihrem ursprünglichen Zweck: Casa Coniglio, der ehemalige Kaninchenstall, Casa Fienile, die alte Scheune oder Casa Seta, die Seidenspinnerei etwa. Gut zehn Jahre dauert der Ausbau. Die Familie hat sich von Haus zu Haus durchgearbeitet und durchgewohnt. Sobald eines fertig war, ging es in die Vermietung. Das erwirtschaftete Geld wird gleich wieder in den nächsten Umbau investiert. 

Ferienwohnung in Piemont

Mal industrial Look, mal rustikal, mal klassisch

Mittagszeit in der Cascine Crema. Am Pool döst ein Pärchen unter den weißen Sonnensegeln, Bademeister Paolo hat sich in den Schatten der Bar zurückgezogen, die meisten Gäste chillen im kühlen Inneren der Steinhäuser. Ihr Interieur ist ein Traum aus gutem Stil und Nachhaltigkeit. Urs und Susan haben genutzt, was sich nutzen ließ. Aus den alten Kastanienböden schreinert Urs Tische und Fensterbänke, aus den alten Steindächern werden Vorplätze, die Dächer nur mit heimischem Holz restauriert. Handwerker der Region werden engagiert, ein Pool wird ausgehoben, eine Photovoltaikanlage installiert, die mehr Strom produziert als das Gehöft verbraucht. Susan stöbert sich durch Kleinanzeigen und fährt durchs Land, sammelt mit sicherem Blick für Design und dem richtigen Mix von alt und neu, von cool und rauh Möbel und Accessiors aus der Region. Mal industrial look, mal rustikal, mal klassisch. Der mächtige Billardtisch aus dem Insolvenzbestand eines alten Schweizer Luxushotels steht nun im ehemaligen Trockenraum des Gehöfts, das Hotelgeschirr in den Küchenschränken der Ferienwohnungen. Urs zimmert im ehemaligen Hühnerstall ein Spielhaus für Kinder, im Ziegenstall entsteht eine Waschküche. Urs: „Handwerken ist mein Lebensmotor.“ Susan: „Urlaub auf den Malediven wäre für ihn ein Horror.“

Pool
Upcycling von Möbeln
Upcycling

Von der Liebe, Gastgeber:innen zu sein

Heute lebt das Paar in Alba, einer pittoresken Stadt 35 Kilometer entfernt. Die Töchter sind längst erwachsen und übernehmen neben Job und Studium die Administration der Vermietung von der Schweiz aus. Urs organisiert samstags den Gastwechsel, checkt Technik, repariert wo nötig, zeigt den Neuankömmlingen Appartement, Pool, Sportplatz, Trampolin und stößt die knarrende Tür zum Spezialitätenkeller auf – Wein der Region, Oliven, Saucen zum Dirketkauf für die Gäste. Susan kümmert sich um Dinnerabende, Eventtipps aus der Region und Einrichtung. „Ich liebe es, Gastgeberin zu sein.“ In der Hauptsaison kommen vor allem Familien mit Kindern, die meisten aus dem deutschsprachigen Raum. In der Nebensaison suchen mal junge Pärchen, mal Renter:innen, mal Sportulauber die Ruhe der Cascine. „Wir haben tolle Gäste, nicht so chichi, sehr fröhlich und entspannt.“

Menschen wie Tomas, Sabine, Lara und Leo, die gerade durch den Pool pflügen. Für eine Woche sind sie aus dem Schwarzwald angereist. „Wir wollten mal was anderes, nicht so Mainstream, sondern verwunschen, naturnah und irgendwie wild.“ Die achtjährigen Zwillinge Lara und Leo lieben das Trampolin und den Kicker, klar, den Pool und das Meer mit seinen knallweißen Stränden.
Am Strand
weißer Sandstrand

Die open-Air-Galerie in Bergolo

Wie Calin und Wendelin aus München mit ihren Kids. Gerade sind sie von einer Wanderung mit einem Trüffelhund und seinem Dogguide zurück. „Total spannend, ein wenig wie jagen, nur behalten durften wir die Trüffel leider nicht.“ Gerade mal 30 Minuten zu Fuß haben sie gestern nach Bergolo gebraucht, dem Dorf auf der Spitze des Berges hinter der Cascine, den die Bewohner zu einer Open-Air-Galerie gemacht haben. Internationale Künstler stellen an den alten Hauswänden aus, in der Gipfelkapelle gibt es Konzerte, im Amphitheater Commedy, Theater, Klavierabende. 

Open-Air-Galerie
Kunst in Bergolo
Kunst in Bergolo
internationale Open Air Galerie

Abends hocken die Pfauen unter dem Solardach der Garage am Rande der Cascine Crema. Ihr Gurren klingt bizzar, wie der Vibrationssound eines Handys. An der Poolbar sind die Tische festlich gedeckt, Led Lämpchen werfen Lichtschimmer zwischen Gläser und Teller. Acht Gänge gibt es am piemonteser Abend. Vitello tonnato, Gebackene Peperoni mit Sardellensauce, Sellerie-Tuma-Walnuss-Salat, Frittata, Risotto, Hühnchen, Haselnusskuchen und Sorbet aus Früchten des Hofes, alles auf Wunsch in vegetarischer Variante. In der Ferne der Flügelschlag der Pfauen, die zum Schlafen hoch in die Baumkronen flattern. Urs gießt Rotwein nach. „Noch ein bisschen Vitello tonnato?“, fragt Susan und erzählt.  Von den Winzern, die ihren Wein in Grotten lagern, den Walnussbauern, die mit gewaltigen Staubsaugerwagen die Nüssen am Boden der Haine ernten, von dem alten Maurer, der Naturstein schnurgerade, aber Industrieziegel nur schief mauern konnte. „Und habt Ihr schon mal gehört von den Workshops bei Einheimischen in Cortemilla, wo man Agnolotti, die piemontesischen Ravioli, oder Tajarin zu kochen lernt, hauchdünne Nudeln? In den besten stecken 34 Eigelb pro Kilo Mehl. Da mitzumachen, ist ein tolles Erlebnis.“ Ganz und gar Gastgeberin eben.

Pfau
Blick über italiens Dächer
Anja Dilk

Nach einer Mountainbike-Tour um den nahen Berg Monviso waren 14 Tage entspannen pur in der Cascine Crema genau das Richtige für Gastautorin Anja Dilk und ihre Familie. 

Sportlich wurde es dennoch: Jeden Vormittag um 10 Uhr hat Poolbademeister Paolo ein wenig Kraultraining mit Anja gemacht. Das Angebot konnte sie nicht ausschlagen. Denn wer hat schon mal die Gelegenheit, von einem Ex-Nationalschwimmer Tipps zu bekommen? 

Einfach toll.

© Fotos: Anja Dilk, Cascine Crema

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